WOLFSBURG (dpa-AFX) - Der Volkswagen -Konzern senkt wegen milliardenschwerer Belastungen unter anderem bei seiner Premiumtochter Audi die Ergebnisprognose für das laufende Jahr. Neben Problemen bei der Nachfrage nach den in Brüssel von Audi gebauten Elektro-SUVs der Q8 e-tron-Modellfamilie kommen den Konzern auch weitere Kosten wie etwa für den Personalabbau bei der Kernmarke VW teuer zu stehen. So wird im Gesamtjahr nach Einschätzung der Wolfsburger insgesamt weniger operatives Ergebnis übrig bleiben als bisher veranschlagt. Auch die Dachholding Porsche SE der Eigentümerfamilien Porsche und Piech rechnet in der Folge mit weniger Gewinn. Die Aktien der Unternehmen fielen.

Die Volkswagen-Vorzüge notierten am Mittwochvormittag 2 Prozent im Minus. Porsche-SE-Titel gaben moderat nach. Beide Werte sind im deutschen Leitindex Dax notiert. Laufende Restrukturierungen brächten einen zusätzlichen Aufwand in Höhe von 1,7 Milliarden Euro mit sich, schrieb Analyst George Galliers von Goldman Sachs in seinem am Mittwoch vorliegenden Kommentar. Er glaubt, dass die Ankündigung dennoch positiv ist. Sie signalisiere konkrete Maßnahmen, um die langfristige Wettbewerbsfähigkeit des Autobauers zu verbessern.

Bernstein-Analyst Stephen Reitman schrieb mit Blick auf die mögliche Schließung des Audi-Werkes in Brüssel, dass jede Reduzierung der hohen europäischen Kostenbasis von VW vom Markt allgemein begrüßt werden dürfte. Tim Rokossa von der Deutschen Bank kommentierte, dass es bei den Wertberichtigungen für die Fabrik wohl um Abfindungen für 3.000 Beschäftigte, die Produktionsanlagen und das Werk selbst gehen werde. Da eine Schließung Zeit benötige, dürften die damit verbundenen Kosten nicht so schnell Cash-wirksam werden, so der Experte.

Volkswagen hatte am Dienstagabend überraschend mitgeteilt, dass 2024 statt 7,0 bis 7,5 Prozent vom Umsatz nun nur noch 6,5 bis 7,0 Prozent vom Umsatz als operatives Ergebnis beim Volkswagen-Konzern hängenbleiben dürften. Den Konzern träfen Belastungen in Höhe von 2,6 Milliarden Euro, darunter ohnehin bereits eingeplante Rückstellungen für den Personalabbau bei der Kernmarke VW Pkw in Höhe von 0,9 Milliarden Euro.

Die restlichen 1,7 Milliarden Euro fallen unter anderem für einen Umbau oder die Schließung des Betriebs im Audi-Werk Brüssel an. Die Nachfrage nach der dort gebauten Q8-e-tron-Modellfamilie ist schwach. Audi will am Standort in der belgischen Hauptstadt einen vorgeschriebenen Informations- und Konsultationsprozess einleiten, in dem sozialverträgliche Lösungen mit den Sozialpartnern gesucht würden. Unter anderem sei die Einstellung des Betriebs am Standort möglich, falls keine anderen Lösungen gefunden würden.

Über die Probleme bei Audi hinaus würden verschiedene Sachverhalte ebenfalls auf den Gewinnen lasten, hieß es. Unter anderem seien dies Währungsverluste wegen der Aufgabe der Geschäfte der Volkswagen Bank in Russland, aber auch die geplante Schließung des Gasturbinengeschäfts der VW-Tochter MAN Energy Solutions. Die Bundesregierung hatte den geplanten Verkauf des Geschäfts nach China aus Sicherheitsgründen verboten.

Die Markengruppen Sport Luxury um den ebenfalls börsennotierten Sportwagenbauer Porsche AG und der Lkw-Konzernbereich um die Nutzfahrzeugholding Traton seien nicht von den Belastungen betroffen, teilte Volkswagen weiter mit. Auch die Konzernprognose bezüglich der üblichen Kennziffern neben der operativen Marge blieben bestehen. Bei den Auslieferungen von Fahrzeugen rechnet VW demnach weiter mit einem Anstieg um bis zu 3 Prozent und beim Umsatz mit einem Plus von bis zu 5 Prozent.

Volkswagen legt am 1. August Zahlen für das zweite Quartal vor. Die Rückstellungen für Aufhebungsverträge in Höhe von 0,9 Milliarden Euro fallen bereits in das zweite Jahresviertel. Die weiteren Belastungen würden voraussichtlich im dritten Quartal verbucht.

Audi beschäftigt in Brüssel rund 3.000 Mitarbeiter. Die Ingolstädter erwägen, dort die Produktion der Modelle Q8 e-tron und Q8 Sportback e-tron vorzeitig einzustellen. Neben der schwachen Nachfrage gebe es strukturelle Herausforderungen am Standort, die zu vergleichsweise hohen Produktionskosten führten, hieß es von Audi. Aus dem VW-Konzernbetriebsrat wurde "eine zukunftsfähige Perspektive für das Werk" und die Kollegen in Brüssel gefordert. Dazu, wie lange der Prozess dauern könnte, äußerte sich Audi nicht. Vergleichbare Fälle haben in der Vergangenheit aber Zeiträume von wenigen Monaten bis zu fast einem Jahr in Anspruch genommen./men/ruc/he/nas/mis