WOLFSBURG (dpa-AFX) - Europas größter Autobauer Volkswagen hat ersten Eckdaten zufolge 2022 seinen Gewinn im laufenden Geschäft trotz des Ukraine-Kriegs und der Energiekrise ausbauen können. Jedoch zeigten sich nach wie vor spürbare Konsequenzen der Versorgungsengpässe bei Rohstoffen sowie der anhaltenden Probleme in etlichen Lieferketten. Umfangreiche Finanzmittel blieben dadurch etwa in den Lagerbeständen der VW -Gruppe oder in bestimmten Betriebsmaterialien gebunden.

Am Aktienmarkt kamen die Eckdaten für das abgelaufene Jahr am Vormittag nicht gut an. Die VW-Vorzugsaktien verloren am Mittwoch als Schlusslicht des insgesamt freundlichen Dax 0,6 Prozent. Im Tief hatte der Kurs bis zu 2,7 Prozent verloren. Während der Nettozufluss an freien Barmitteln die Zielsetzung des Unternehmens und auch seine Schätzung deutlich verfehlt habe, lägen die gewinnorientierten Kennziffern im Rahmen der Erwartungen, schrieb Analyst Philippe Houchois von der US-Investmentbank Jefferies.

Der um Einmaleffekte bereinigte Mittelzufluss dürfte um rund 5 Milliarden Euro unter der Zielsetzung des Konzerns gelegen haben, monierte UBS-Experte Patrick Hummel. Das dürfte den Investoren Sorgen bereiten, wenngleich die Dividende sicher sein sollte. Beim operativen Ergebnis habe VW die Markterwartungen leicht verfehlt.

Analyst Tom Narayan von der kanadischen Bank RBC erwartet unterdessen nicht, dass der Markt auf die Vorabveröffentlichung der freien Barmittel für 2022 allzu heftig reagieren wird. VW sei nicht der einzige Hersteller, der mit logistischen Problemen zu kämpfen habe, wenn es darum gehe, die fertig produzierten Lagerbestände zum Jahresende zu den Händlern zu bringen.

Wie die Wolfsburger am Dienstagabend auf Basis vorläufiger Zahlen mitteilten, legte das operative Ergebnis vor Sondereffekten von gut 20 Milliarden Euro im Vorjahr auf 22,5 Milliarden Euro zu. Die Steigerung fiel damit deutlich geringer aus als von 2020 auf 2021 - aber die erwartete Umsatzrendite bewege sich im Rahmen der Planungen, hieß es. Sie soll bei etwa 8,1 Prozent liegen, nach 8,0 Prozent 2021. VW behielte also rechnerisch von 100 Euro Erlös ohne Berücksichtigung von Steuern, Zinsen und weiteren Faktoren 8,10 Euro in der Kasse.

Den Gewinn unterm Strich nannte die Volkswagen AG noch nicht. Er dürfte mit der Vorlage des vollständigen Geschäftsberichts am 14. März bekanntgegeben werden. Seinen Umsatz konnte das größte deutsche Unternehmen den Angaben zufolge im vorigen Jahr voraussichtlich von 250,2 Milliarden Euro auf 279 Milliarden Euro erhöhen. Eine Ursache dafür dürften auch im Schnitt höhere Preise für die ausgelieferten Fahrzeuge sein - denn die Zahl der Gesamtverkäufe sank beträchtlich.

Die fast schon chronische Mangellage im Einkauf von Mikrochips und weiterer Elektronik hatte bei vielen Herstellern zu Staus in der Produktion und zu langen Wartezeiten für die Kunden geführt - so auch bei VW. In der nach Toyota zweitgrößten Autogruppe der Welt gingen die Auslieferungen 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 7 Prozent zurück.

Der Konzern verkaufte 8,26 Millionen Fahrzeuge. Im Vorjahr waren es noch etwa 8,88 Millionen gewesen. Einzige Wachstumsregion war 2022 unterm Strich Asien-Pazifik - wenn man hier den wichtigsten Markt China ausnimmt, wo es insbesondere aufgrund von Covid-Lockdowns um 3,6 Prozent abwärtsging.

Allerdings verbesserte sich der Absatz von Elektromodellen erneut. Hier gelang den VW-Konzernmarken gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung um gut 26 Prozent auf über 572 000 Wagen. Und auch das Gesamtgeschäft stabilisierte sich im Jahresverlauf 2022 wieder.

Der Nettozufluss an freien Barmitteln - der sogenannte Cashflow - verfehlte indes die vom Management angepeilte Marke: Nach rund 8,6 Milliarden Euro im Jahr 2021 standen 2022 schließlich nur etwa 5 Milliarden Euro - Ziel war mindestens das Vorjahresniveau gewesen. Als Gründe nannte VW "die instabile Versorgungssituation und Störungen in den Logistikketten insbesondere zum Jahresende".

Insgesamt hatte der Konzern Ende Dezember in seinem Kern-Autogeschäft rund 43 Milliarden Euro an flüssigen Mitteln. Das war deutlich mehr als die knapp 26,7 Milliarden Euro vor einem Jahr. Das Plus besteht nahezu ausschließlich aus den Einnahmen des Börsengangs der Tochter Porsche, deren Aktien seit September teilweise gehandelt werden./jap/mne/men/tih