(neu: Kurs aktualisiert, Aussagen des Managements, Details.)

LEINFELDEN-ECHTERDINGEN (dpa-AFX) - Der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck hat sich nach der Erholung im vergangenen Jahr auch für 2023 viel vorgenommen. Den Umsatz will Vorstandschef Martin Daum dank voraussichtlich steigender Absätze im wichtigen Markt Nordamerika und anziehender Geschäfte mit Finanzdiensten weiter steigern. Das operative Ergebnis soll unerwartet deutlich anziehen. Vergangenes Jahr konnte der Konzern mit hohen Preissteigerungen bereits viel Boden gutmachen, die auch weiter wirken sollen. Bei den hohen Fixkosten geht es aber nicht ganz so schnell voran wie geplant - die Kostensenkungsziele verschob der Vorstand um zwei Jahre nach hinten. Die Aktie rutschte spürbar ab.

Das Papier schwankte am Freitag stark, fiel aber zuletzt deutlich. Der Kurs lag am Vormittag mit rund vier Prozent im Minus bei 31,18 Euro und war damit einer der schwächsten Werte im Leitindex Dax. Analyst Himanshu Agarwal von der US-Investmentbank Jefferies monierte ein schwächer als erwartet ausgefallenes Abschneiden im vierten Quartal. Allerdings könnte der Ausblick für anziehende Markterwartungen sorgen. Aus Sicht von JPMorgan-Analyst Jose Asumendi ist der Ausblick des Konzerns auf die Nutzfahrzeugmärkte angesichts voller Auftragsbücher noch zu vorsichtig.

Ganz rosig sieht das Management die Lage aber nicht. Engpässe werde es auch dieses Jahr noch geben, sagte Daum in einer Pressekonferenz. "Wir sind mit unserem Fortschritt bei den Kosten nicht zufrieden", räumte er zudem ein. Der Konzern bleibt zwar bei der Absicht, die Fixkosten vom Basisjahr 2019 aus gesehen um 15 Prozent zu senken - bisher stehen 8 Prozent zu Buche. Doch angesichts des Inflationsdrucks wird das Ziel nun nicht schon 2023 erreicht, wie noch im November 2021 vor der Abspaltung vom Daimler-Gesamtkonzern in Aussicht gestellt. Das Unternehmen nimmt sich jetzt doch zwei Jahre mehr Zeit dafür. Die Ziele seien ambitioniert, daher gebe es immer Risiken, diese nicht zu erreichen, sagte Finanzchef Jochen Goetz.

Der Auftragsbestand des Konzerns ist seit geraumer Zeit hoch, nach Worten von Daum ist der Konzern derzeit ausverkauft - und neue Produktionsslots würden durch neue Aufträge schnell gefüllt. Den Absatz taxiert der Konzern weltweit dieses Jahr auf 510 000 bis 530 000 Lkw und Busse und damit in etwa auf Vorjahresniveau, als er um 14 Prozent auf rund 520 000 gestiegen war. Ein Plus beim Absatz erwartet sich Daum in Nordamerika, dem renditestärksten Markt der Schwaben. Dort will er mit einem neuen Fernverkehrs-Lkw auch Marktanteile gewinnen, wie er in einer Konferenz mit Analysten erklärte.

Der Gesamtumsatz soll auf 55 bis 57 Milliarden Euro zunehmen. Zwischen 53 und 55 Milliarden Euro davon dürften aus dem Fahrzeuggeschäft kommen. Analysten hatten im Schnitt nur rund 52 Milliarden Euro Gesamtumsatz auf dem Zettel. Der Zuwachs dürfte nicht von den verkauften Mengen her kommen, sagte Finanzchef Goetz. Die Preiserhöhungen aus dem vergangenen Jahr wirkten noch nach, zudem würden bei den Preisen zusätzliche Maßnahmen ergriffen.

Bei dem um Sondereffekte bereinigten Ergebnis vor Zinsen und Steuern veranschlagt Goetz einen "deutlichen" Anstieg vom Vorjahreswert von knapp 4 Milliarden Euro. "Deutlich" heißt bei Daimler Truck um mindestens 15 Prozent. Finanzexperten am Aktienmarkt hatten lediglich ein leichtes Plus einkalkuliert.

Im Industriegeschäft - also ohne Finanzdienste gerechnet - soll die operative Marge zwischen 7,5 und 9 Prozent liegen, nachdem sie im Vorjahr um 1,6 Prozentpunkte auf 7,7 Prozent gestiegen war. Eine klare Verbesserung bei den Margen rechnet sich das Management im Asiengeschäft und in der Bussparte aus.

Der Umsatz kletterte im vergangenen Jahr dank Absatzsteigerung und Preiserhöhungen um 28 Prozent auf 50,9 Milliarden Euro. Im Vorjahr hatten Covid-Lockdowns und Lieferprobleme unter anderem von Elektronikchips die Produktion noch deutlich eingeschränkt.

Das bereinigte operative Ergebnis legte um 55 Prozent auf 3,96 Milliarden Euro zu. Hier hatten sich Fachleute vom vierten Quartal allerdings etwas mehr erhofft. Der Absatzmix in den letzten drei Monaten mit viel niedrigmargigem Geschäft - unter anderem Vorzieheffekte wegen neuer Abgasstandards in Brasilien - gab vergleichsweise weniger Schub.

Finanzchef Goetz sagte, im vierten Quartal hätten Kosten für Rückrufe in den USA für eine Belastung im hohen zweistelligen Millionen-Euro-Bereich gesorgt. Die Lkw-Marke Mercedes-Benz, vor allem in Europa und Südamerika stark vertreten, leistete im vierten Quartal darüber hinaus höhere Zahlungen an Lieferanten. Die waren Goetz zufolge einerseits höheren Rohmaterialpreisen geschuldet - aber man habe auch kleinere Zulieferer mit Einmalzahlungen gestützt. Ähnlich war schon der Pkw-Bauer Mercedes-Benz Group verfahren. Goetz sagte, auch in diesem Jahr seien solche Hilfsaktionen möglich.

Unter dem Strich steigerte der Konzern den auf die Aktionäre entfallenden Gewinn um 14 Prozent auf 2,67 Milliarden Euro. Daimler Truck will 1,30 Euro je Aktie als Dividende ausschütten und damit so viel wie erwartet. Die Mitarbeiter sollen eine Erfolgsprämie von insgesamt 7300 Euro bekommen - in den Genuss kommen rund 25 000 Tarifbeschäftigte in Deutschland./men/nas/mis