(Neu: Kursreaktion, Analysteneinschätzung)
WOLFSBURG/STUTTGART (dpa-AFX) - Die Porsche AG soll am 29. September an die Börse gehen. Ab dann wird die Volkswagen-Tochter
Für den Börsenstart in Frankfurt hatten die Wolfsburger und die Dachgesellschaft Porsche SE (PSE)
Die Kontrolleure legten nun aber bereits die Preisspanne fest: Die Porsche-AG-Vorzüge werden in einem Korridor zwischen 76,50 und 82,50 Euro pro Stück angeboten. Geplant ist die Ausgabe von knapp 114 Millionen Aktien. Darin enthalten sind fast 15 Millionen Papiere für eine mögliche Mehrzuteilung, wie der Mutterkonzern VW weiter mitteilte. Sollte alles laufen wie vorgesehen und sich der tatsächliche Angebotspreis in dem genannten Bereich einpendeln, werde ein Bruttoerlös von 8,7 bis 9,4 Milliarden Euro erwartet.
An der Börse herrschte zum Wochenauftakt erst einmal Erleichterung, dass die Porsche SE und die Volkswagen AG den Börsengang trotz der derzeitigen Lage an den Finanzmärkten durchziehen wollen. Die im Dax
"Der geplante Börsengang der Porsche AG sollte sich positiv auf die Bewertung der Volkswagen AG auswirken", schrieb DZ-Bank-Experte Michael Punzet in einer Studie am Montagmorgen. "Es bleibt jedoch abzuwarten, in welchem Umfang der zukünftige Marktwert der Porsche AG hierbei bei der Bewertung der VW-Aktien berücksichtigt wird." Sein Votum für die VW-Vorzugsaktie lautet "Kaufen" mit einem fairen Wert von 165 Euro. Auch für die Porsche-SE-Anteile ist er optimistisch und bewertet sie mit "Kaufen".
Die Porsche SE sollte von dem geplanten Börsengang des gleichnamigen Sportwagenbauers einerseits von einer möglichen Höherbewertung der VW-Aktien und andererseits von höheren Dividendeneinnahmen profitieren. Wir gehen jedoch davon aus, dass die zukünftigen Dividendeneinnahmen aus der Beteiligung an der Porsche AG primär zur Rückführung des Fremdkapitals genutzt werden und sich somit nicht positiv auf die zukünftigen Dividendenzahlungen der Porsche SE auswirken."
Schon an diesem Dienstag (20.09.) soll die Zeichnungsfrist beginnen. Sie geht bis einen Tag vor dem Börsengang, sofern die Finanzaufsicht Bafin den Wertpapierprospekt genehmigt. Auch Privatanleger in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Frankreich, Italien und Spanien sollen einen Teil der Porsche-Vorzüge erwerben können.
VW-Konzernfinanzchef Arno Antlitz sieht einen entscheidenden Schritt getan: "Wir sind mit den Porsche-Börsenplänen jetzt auf der Zielgeraden." Der jahrelang immer wieder ins Spiel gebrachte öffentliche Handel mit Anteilen des Sportwagenbauers war seit Februar geprüft worden. Vor zwei Wochen fiel der grundsätzliche Beschluss.
Europas größte Autogruppe will zusätzliche Geldquellen anzapfen. Die VW AG plant aus den Einnahmen weitere Milliarden-Investitionen in Elektromobilität und Digitales. Zudem hofft sie selbst, für Anleger attraktiver zu werden. Das Grundkapital der Porsche AG wurde bereits zur Hälfte in stimmrechtslose Vorzugs- und stimmberechtigte Stammaktien aufgespalten. Bis zu ein Viertel der Vorzüge - also in etwa ein Achtel aller Anteile - sollen demnächst in den Verkauf gehen.
Gleichzeitig bekommt die PSE 25 Prozent plus eine Aktie der Stämme, sie hat über eine Sperrminorität damit Einfluss auf wichtige Entscheidungen. Auch dieser Schritt ist nun fest vereinbart: Der Aufsichtsrat der PSE stimmte einem entsprechenden Kaufvertrag zu. Je nach Gestalt der endgültigen Konditionen am Tag des Börsengangs der Vorzüge kalkulieren VW und Porsche-Holding für das Geschäft mit den Stammaktien brutto 9,36 bis 10,10 Milliarden Euro an Erlös ein. Enthalten ist hier ein Aufschlag von 7,5 Prozent zu den Vorzügen.
Porsches Bewertung schätzten mehrere Analysten zuletzt auf bis zu 85 Milliarden Euro. Andere Prognosen gingen von 80 bis 100 Milliarden Euro aus - diese Kalkulationen stammen jedoch größtenteils aus den Zeiten vor den jüngsten Kurskorrekturen an den Aktienmärkten. Mit der jetzt angepeilten Emissionsspanne liegt die Bewertung der Porsche AG bei 70 bis 75 Milliarden Euro beziehungsweise inklusive des Aufschlags bei den Stammaktien bei bis zu 78 Milliarden Euro und damit im Rahmen der jüngsten Erwartungen. VW kommt derzeit auf etwas mehr als 88 Milliarden Euro.
Insgesamt soll es durch die Neustrukturierung 911 Millionen einzelne Wertpapiere geben - eine Art Werbe-Gag, mit dem Porsche auf sein wohl bekanntestes Modell, den 911er, anspielt. Das operative Geschäft mit weiteren Baureihen wie dem Cayenne, Macan, Panamera oder Taycan ist in der AG gebündelt. Dagegen hält die von den Familien Porsche und Piëch kontrollierte PSE die Mehrheit der Stimmrechte in Wolfsburg.
Die meisten Vorzugsanteile dürften nicht an kleine, sondern an institutionelle Großanleger gehen. So will sich laut VW Katar mit knapp 5 Prozent eindecken. Das Golf-Emirat ist schon drittwichtigster Aktionär des Gesamtkonzerns. Ein weiterer Ankerinvestor des Porsche-Börsengangs ist der norwegische Staatsfonds, in dem die Zentralbank in Oslo die Einnahmen aus den Öl- und Gasvorkommen des Landes verwaltet und für künftige Generationen mehren will. Daneben steigen die US-Fondsgesellschaft T. Rowe Price und die staatliche Investmentgesellschaft ADQ aus Abu Dhabi bei den Stuttgartern ein.
Die Schwaben sind in der Wolfsburger Mehrmarken-Gruppe eine Renditeperle. Porsche-Chef Oliver Blume führt seit Anfang September nach dem Ausscheiden von Herbert Diess auch den VW-Konzernvorstand. Kritik an der Doppelfunktion wies das Unternehmen mit Verweis auf seine Transparenz- und Abstimmungsregeln zurück. Diese sollen ausreichen, um Interessenkonflikte zu vermeiden. Ähnliches gelte für VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch, der ebenso die PSE leitet.
Im Fall eines erfolgreichen Börsengangs soll es im Dezember eine außerplanmäßige Volkswagen-Hauptversammlung geben. Dabei werde vorgeschlagen, eine "Sonderdividende in einem Umfang von 49 Prozent der Brutto-Gesamterlöse aus der Platzierung der Vorzugsaktien und dem Verkauf der Stammaktien Anfang 2023" auszuschütten, erklärte VW.
Die Belegschaften sollen ebenfalls profitieren. Der VW-Betriebsrat hob den vereinbarten Bonus von 2000 Euro für jeden Beschäftigten im Haustarif und in Sachsen hervor. Auch zeige der Schritt, dass Porsche und VW in den Branchenwandel und die Zukunft der Jobs investierten.
Zumindest indirekt spielen bei einem der größten Börsengänge in Deutschland jedoch auch die Interessen der VW-Großeigner eine Rolle. Dem Porsche/Piëch-Clan wird nachgesagt, wieder mehr direkten Zugriff auf den Sportwagenbauer mit seinem Namen gewinnen zu wollen. 2008/2009 hatte Volkswagen eine Übernahmeattacke des damaligen Porsche-Managements abwehren können. Die Niedersachsen drehten am Ende den Spieß um und schluckten ihrerseits die profitable Tochter. Beide Familien bekamen im Gegenzug die Mehrheit an dem Autoriesen.
Dass die Notierung kurzfristig doch noch abgeblasen werden könnte, erscheint nun zunehmend unwahrscheinlich. Dem Vernehmen nach gibt es aber eine Mindest-Bewertungsschwelle, die VW auf jeden Fall erreichen will. Überdies bestehen weiter Gefahren für die Autoindustrie - neue Lieferkettenprobleme, der Fortgang des Ukraine-Krieges, die Inflation der Energiepreise und das Ende der Niedrigzinsphase sind nur einige./jap/DP/zb/ngu