HANNOVER (dpa-AFX) - Traton-Chef Christian Levin pocht angesichts der schleppenden Nachfrage nach emissionsfreien Lkw auf mehr Unterstützung aus der Politik. 2030 werde es schwierig, die verschärften Grenzwerte für die Emission des klimaschädlichen Abgases Kohlendioxid (CO2) einzuhalten, sagte er am Montag im Gespräch mit der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX auf der Nutzfahrzeugmesse IAA Transportation in Hannover. "Die Strafen könnten im schlimmsten Fall gewaltig sein." Das Angebot an emissionsfreien Lkw und Bussen sei jetzt vorhanden. "Die Verkäufe sind aber immer noch viel zu niedrig." Um die Abgasregelungen einzuhalten, müssen deutlich mehr Elektro-Lkw verkauft werden.

2030 habe die Branche nach derzeitigem Stand die Wahl zwischen drei Alternativen, sagte Levin. Batterie-Lkw zu verschenken oder hohe Strafen zu zahlen seien schlechte Ideen. "Was passieren könnte: Wir müssten zu den Händlern gehen und ihnen Quoten geben, wie viele ihrer Verkäufe batterieelektrisch sein müssen und damit den Verkauf insgesamt beschränken." Für die europäische Nutzfahrzeugbranche sei das sehr schlecht - schließlich sei sie eine der wenigen Branchen weltweit, bei denen europäische Anbieter den Ton angeben. "Wir hoffen sehr, dass das Überprüfen der EU-Ziele 2027 etwas bewirken wird", sagte Levin.

"Was fehlt, sind etwa Anreize für Speditionen und für Energieversorger. Wir von Traton können die fehlende Infrastruktur nicht allein auf den Weg bringen", sagte Levin. "Ich wünsche mir von der Politik einen klaren Weg zur Kostengleichheit zwischen Elektro- und Dieselantrieben." Diesel müsse teurer werden. Die Strompreise müssten sich in einem besser vorhersagbaren Rahmen entwickeln. Bisherige Ansätze reichten nicht aus: "Das Emissionshandelssystem der EU für das Transportwesen ist hilfreich, kommt 2027 aber zu spät und auch zu langsam. Das wird das Verhalten unserer Kunden nicht verändern."

Derzeit kämpft die konjunktursensible Branche insgesamt mit einer schwachen Wirtschaftslage vor allem in Europa. "Es gibt eine große Zurückhaltung in Deutschland. Die Kunden warten darauf, dass die deutsche Wirtschaft über Investitionen wieder anspringt und dass die Zinsen sinken", sagte Levin zur Auftragslage im europäischen Hauptmarkt. Viele Kunden hätten in den vergangenen Jahren eine Verdopplung oder Verdreifachung ihrer Finanzierungskosten verkraften müssen. "Die Zeit spielt uns aber in die Hände. Das durchschnittliche Flottenalter liegt in Europa bei mittlerweile 14,3 Jahren, das ist extrem hoch."

Levin schätzt die gemeinsame technische Plattform der Konzernmarken MAN und Scania, der US-amerikanischen Navistar und der lateinamerikanischen VW Truck & Bus als besonders gewinnbringend für die künftigen Geschäfte ein. "Aus Sicht von Analysten haben viele unserer Wettbewerber die positiven Effekte schon eingefahren - wir haben die Möglichkeiten noch vor uns", sagte er. Die Entscheidung für den Technikbaukasten "Traton Modular System" sei getroffen. Die Technik werde schon in immer mehr Fahrzeuge ausgerollt. "Je mehr gemeinsame Technik in die Fahrzeuge kommt, desto höher sind unsere Größenvorteile bei den Kosten."/men/stw/stk