Heute und morgen treffen sich die Notenbanker der Welt im amerikanischen Jackson Hole. Bei der Rede von Powell sollten Investoren vor allem hierauf achten.

Nachdem die Zahlen von Nvidia für gute Stimmung gesorgt haben, sind nun alle Augen auf das alljährliche Treffen der wichtigsten Zentralbanken der Welt im US-amerikanischen Jackson Hole gerichtet. Dass Aussagen von Notenbankern zu größeren Verwerfungen an den Börsen führen können, hat die Federal Reserve mit ihrem Chef Jerome Powell deutlich unter Beweis gestellt.

Bei dem Treffen vor genau einem Jahr betonte Powell, dass die Fed alles tun werde, um die Inflation auf die Zielmarke bei zwei Prozent zu drücken, auch wenn dies zu Belastungen führen und die Arbeitslosigkeit antreiben würde. In der Folge sackte der marktbreite S&P-500-Index an dem Tag um 3,4 Prozent ab. Und erst vor wenigen Tagen sorgte das Protokoll der jüngsten Notenbanksitzung für trübe Stimmung am Markt. Darin stand, dass die meisten Fed-Mitglieder Aufwärtsrisiken bei der Inflation sahen, was eine weitere Straffung der Geldpolitik erforderlich machen könnte. Die Angst vor höheren Zinsen war nicht zuletzt auch dafür verantwortlich, dass die großen US-Börsenbarometer Anfang dieses Monats drei Wochen in Folge abrutschten.

Wenn Powell morgen kurz nach 16 Uhr deutscher Zeit vor die Kameras tritt, wird der Fokus vor allem auf ein abstraktes Konzept der Geldpolitik gerichtet sein, das aber das Potenzial hat, an den Märkten für kräftige Turbulenzen zu sorgen, berichtet Marketwatch. Gemeint ist damit das theoretische Konzept eines "neutralen" Zinssatzes. Das ist das Niveau der realen kurzfristigen Zinssätze, die für eine perfekte Balance sorgen, wenn die US-Wirtschaft ihre volle Stärke erreicht hat und die Inflation stabil ist. Dieser reale neutrale Zinssatz wird auch als r* oder r-star bezeichnet. Die Gefahr für die Märkte besteht nun darin, dass Powell andeuten könnte, dass sich dieser neutrale Zinssatz angesichts der Wirtschaftsstärke der USA nach oben bewegen müsste.

Tatsächlich brummt die US-Wirtschaft aktuell. Nach zwei Prozent Wachstum im ersten Quartal und 2,4 Prozent in den vergangenen drei Monaten, sagt die Regional-Fed von Atlanta für das laufende Quartal einen BIP-Zuwachs um 5,8 Prozent voraus.

"Die Vorstellung eines höheren r-star oder neutralen Zinssatzes hat sich in den Markt eingeschlichen und war in letzter Zeit ein heißes Thema", sagte Thomas Urano, Co-Chief Investment Officer beim Vermögensverwalter Sage Advisory. "Der Markt versucht zu verstehen, wie die Fed diesen neutralen Zinssatz sieht und hofft auf etwas mehr Klarheit, wenn Powell in Jackson Hole spricht."

Wenn der neutrale Zinssatz höher ist als bisher angenommen, bedeutet dies, dass die politischen Entscheidungsträger den Zielwert für die Leitzinsen möglicherweise noch weiter anheben müssen, um die Kreditkosten länger hoch zu halten und den Zeitpunkt ihrer ersten Zinssenkung nach hinten verschieben, um eine Überhitzung der Wirtschaft zu verhindern.

Händler und Investoren sind sich sehr wohl bewusst, dass die Fed die Zinsen wahrscheinlich länger hoch halten wird, und sie haben ihre Erwartungen bezüglich des Zeitpunkts der ersten Zinssenkung im nächsten Jahr nach hinten geschoben, so Dan Eye, Chief Investment Officer von Fort Pitt Capital. Der Markt sei jedoch noch nicht vollständig darauf eingestellt, dass die Fed wieder Zinserhöhungen auf den Tisch legen werde, sagte Eye im Interview mit Marketwatch.

Autor: Ingo Kolf, wallstreetONLINE Zentralredaktion


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