Kurzfristige Rentenpapiere sind lukrativer als langfristige – für viele ein zuverlässiges Signal für eine drohende Rezession. Die Inversion könnte aber auch ganz andere Folgen haben.

Sie gilt vielen als schlechtes Omen: die inverse Zinsstrukturkurve. Dieses Phänomen beschreibt eine Situation, in der festverzinsliche Anlagen mit kurzer Laufzeit lukrativer sind als langfristige. Normalerweise ist es genau umgekehrt – Investoren fordern gemeinhin umso höhere Renditen, je länger sie ihr Kapital binden. In der Vergangenheit war die inverse Zinskurve oftmals ein Vorbote einer Rezession. Nun ist sie wieder aufgetaucht: Während der Zinssatz für einjährige Bundesanleihen aktuell bei 2,11 Prozent liegt, rentieren Zehnjährige bei nur 1,79 Prozent. Ist der Konjunkturabschwung damit besiegelt?

Eine Inversion der Zinsstrukturkurve bedeutet zunächst einmal Folgendes: Die Marktteilnehmer erwarten für die Zukunft keine weiteren Zinssteigerungen, sondern gleichbleibende oder gar fallende Zinsen. Daher investieren sie verstärkt in möglichst lang laufende Papiere, um sich deren relativ höheren Zinssatz für eine möglichst lange Zeit zu sichern. Die Preise lang laufender Anleihen steigen angesichts der höheren Nachfrage und ihre Renditen sinken. Umgekehrt steigen aufgrund der sinkenden Nachfrage die Renditen kurzlaufender Anlagen. Eine ähnliche Situation trat in Deutschland im November 1990 ein: Zwei Jahre lang invertierte die Zinskurve, im Jahr 1993 kam es dann zur Rezession.


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Jetzt aber die gute Nachricht: Eine inverse Zinskurve führt nicht automatisch oder zwangsläufig in den Abgrund. Sie kann ebenso als Vorbote eines Wendepunkts bei der Inflation gewertet werden. Ein Beispiel hierfür sind die USA: Dort invertierte die Zinskurve bereits Anfang dieses Jahres und dann nochmal Ende Juli. Zwischenzeitlich überstiegen die Renditen für fünfjährige US-Papiere sogar jene 30-jähriger Anleihen. Damit nahmen Investoren jedoch die Wende der US-amerikanischen Inflationsentwicklung vorweg: Seit ihrem Höhepunkt im Juni mit neun Prozent ist die Inflationsrate rückläufig. Im Oktober lag sie bei nur noch 7,7 Prozent.

Zwar wäre es durchaus fahrlässig, das inverse Signal nicht ernst zu nehmen. Eine Rezession ist damit aber noch nicht besiegelt. Europas Verbraucher dürfen auf einen deutlicheren Rückgang der Inflation hoffen.

(tl) für die wallstreet:online Zentralredaktion


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