Globale Gasmärkte bis 2030: Studie betrachtet Folgen ausbleibender
Gasmengen aus Russland
Berlin (ots) - Die USA entwickeln sich voraussichtlich künftig zur wichtigsten
Bezugsquelle für verflüssigtes Erdgas (LNG) in Deutschland und Europa. Zu diesem
Schluss kommt eine Studie "Entwicklungen der globalen Gasmärkte bis 2030",
welche vom Energiewirtschaftlichen Institut an der Universität zu Köln (EWI) im
Auftrag von Zukunft Gas erarbeitet wurde und mögliche Veränderungen auf
Angebots- und Nachfrageseite von Pipeline-Gas und LNG (Liquefied Natural Gas)
bis zum Ende des Jahrzehnts untersucht. Im Kern stehen die Folgen eines
eingeschränkten Handels mit Russland.
Die Studie des EWI untersucht in verschiedenen Szenarien den künftigen Gashandel
zwischen der Europäischen Union (EU) und Russland und deren Auswirkungen auf die
globalen Handelsbeziehungen. Klares Ergebnis: Der europäische Bedarf nach LNG
steigt deutlich. Für den Fall, dass der Gashandel aus Russland dauerhaft zum
Erliegen käme, würden die drei verbleibenden Pipelinekorridore von Norwegen,
Aserbaidschan und Algerien in die EU stark ausgelastet werden. Über bestehende
Liefermengen hinausgehend kann zusätzliches Gas von dort nur in begrenztem
Umfang bezogen werden. Norwegen kann seine Produktion nach aktuellen Schätzungen
noch bis zum Jahr 2028 steigern, danach wird die Produktion zurückgehen. Importe
aus den nordafrikanischen Exportländern werden voraussichtlich abnehmen, weil im
Zuge des zu erwarteten Wirtschaftswachstums die heimische Nachfrage dort steigen
wird.
Die Untersuchung des EWI kommt daher zu dem Schluss, dass die Lücke der
russischen Gaslieferungen mithilfe von LNG-Importen gefüllt werden muss. Dabei
könnten LNG-Lieferungen aus den USA die größte Rolle auf dem europäischen Markt
übernehmen. In allen untersuchten Szenarien steigen die Importe der USA
gegenüber dem Jahr 2021 deutlich an. Sollte zwischen Russland und der EU kein
Gas gehandelt werden, erreichen sie einen Anteil an den Gesamtimporten der EU
von circa 40 Prozent. Damit würde sich die EU neben Asien zu einem der
wichtigsten Absatzmärkte für Erdgas aus den USA entwickeln. Dagegen ist das
Wachstum der aus Katar kommenden Mengen beschränkt. Auch zusätzliche Importe aus
Australien oder Kanada werden vermutlich für den europäischen Markt nicht
signifikant sein, da diese Exporteure in erster Linie den asiatischen Markt
bedienen werden. Die zusätzlichen Mengen können jedoch helfen, Knappheiten auf
den Weltmärkten zu verhindern. Dazu könnte auch eine geringere Nachfrage
beitragen. Laut Studie wäre das beispielsweise durch Elektrifizierung,
Effizienzgewinne und die Produktion von Biomethan als Erdgas-Substitut
erreichbar.
Die starke Fokussierung auf die USA birgt neue Herausforderungen: "Mit Blick in
die unmittelbare Zukunft ist Deutschland gefragt, die angestrebte
Diversifizierung der Bezugsquellen nicht aus den Augen zu verlieren", fordert
Dr. Timm Kehler, Vorstand von Zukunft Gas. "Nur so kann die europäische
Gasversorgung tragfähig und sicher werden. Für die Neuausrichtung ist eine
langfristige Strategie erforderlich, die eine diversifizierte LNG-Beschaffung
stärkt." Hinzu komme, so Kehler weiter, dass auch die USA langfristige Signale
erwarten. "Nur wenn unsere US-amerikanischen Handelspartner ein klares Bild über
die künftigen Abnahmeperspektiven haben, werden sie die nötigen Investitionen
zum Ausbau der Verflüssigungskapazitäten leisten. Werden entsprechende
Kapazitäten am US-Markt nicht rechtzeitig und in ausreichendem Maße geschaffen,
drohen zum einen Risiken im Hinblick auf die Versorgungsbilanz und zum anderen
steigende Preise."
Mit Blick auf die aktuelle Preissituation rechnet Kehler bereits ab 2024 mit
einer Entspannung: "Der zügige Ausbau der LNG-Terminals in Europa wird
Importengpässe beseitigen und die europäischen und asiatischen Preise
angleichen." Ein Preisniveau wie 2018 erwarten die Studienautoren des EWI
allerdings frühestens 2026 und auch nur bei einem zumindest teilweise
bestehenden Handel mit Russland: Ohne Gashandel mit Russland könnten die
Großhandelspreise in Nordwesteuropa auch im Jahr 2026 noch über 90EUR/MWh
liegen. Bei einer global sinkenden Nachfrage kann jedoch das Preisniveau von
2018 auch ohne russisches Gas bis 2030 wieder erreicht werden.
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Quelle: dpa-AFX