Die Hoffnung auf gute Gewinne durch einen Goldkauf endete für viele Anleger ernüchternd. Investierte Erbschaften, aufgelöste Lebensversicherungen, teils die Altersvorsorge, fast alles futsch. Nach knapp zwei Jahren geht der Mammutprozess gegen den ehemaligen Geschäftsführer des insolventen Goldhändlers PIM aus dem südhessischen Heusenstamm möglicherweise auf die Zielgerade. Nach Angaben des Sprechers des Landgerichts Darmstadt, Jan Helmrich, sollen kommenden Dienstag und Freitag noch ein Zeuge und der Angeklagte gehört werden. Dann könnte möglicherweise die Beweisaufnahme geschlossen werden. Die Fakten zu dem Fall:

Hintergrund: Die PIM Gold GmbH soll zwischen 2016 und September 2019 Lieferverträge mit Kunden einschließlich Bonusversprechen über Gold abgeschlossen, diese aber nicht eingehalten haben. Zinsen sollen nach einer Art Schneeballsystem mit dem Geld neu angeworbener Kunden gezahlt worden sein. Zwei Jahre nach einer Anzeige wurde die Firma im Juli 2019 durchsucht. Sie musste den Geschäftsbetrieb einstellen und ging in die Insolvenz. Der Anzeigenerstatter ist nach Angaben der Verteidigerin des Angeklagten, Stefanie Schott, am kommenden Dienstag als Zeuge geladen. Bei einer ersten Vorladung hatte er die Aussage verweigert, weil gegen ihn selber Ermittlungsverfahren anhängig waren.

Prozess: Nach Erhebung der Anklage begann am 8. Dezember 2020 der Prozess vor dem Landgericht Darmstadt. In dem Verfahren saßen zunächst zwei Angeklagte. Neben dem 51 Jahre alten Ex-Geschäftsführer musste sich auch der heute 54 Jahre alte Chef der Vertriebsfirma verantworten. Das Verfahren wurde «krankheitsbedingt» vor knapp einem Jahr abgetrennt. Zum Start des Prozesses waren 140 Zeugen geladen. Die Akten umfassten damals rund 13 Meter. Zunächst war das Verfahren bin Ende Juni 2021 terminiert, wurde dann aber immer wieder verlängert.

Vorwurf: Die Staatsanwaltschaft wirft dem Ex-Geschäftsführer schweren Betrug vor. Alleine die Anklageschrift umfasst 226 Seiten. Der Angeklagte äußerte sich in dem Verfahren lange Zeit nicht. Mittlerweile räumte er Schott zufolge ein, dass er die Situation der Firma ab 2017 hätte erkennen müssen. «Er hat die Verantwortung übernommen», sagt die Anwältin. Er habe gesagt, dass es ihm hätte auffallen müssen, dass das Unternehmen überschuldet sei und trotzdem weiterlief. Eine aktive Beteiligung an den mutmaßlichen Betrügereien habe er nicht eingeräumt. Der 51-Jährige sitzt seit mehr als drei Jahren in Untersuchungshaft.

Opfer: Bei der Anklageverlesung schilderte die Staatsanwaltschaft rund 130 Einzelfälle. Investiert hätten Anleger nach Haus- oder Unternehmensverkäufen, mit aufgelösten Bausparverträgen oder Lebensversicherungen oder Erbschaften. Alleine bei einem Unternehmer und seinen beiden Kindern hätte sich die immer wieder aufgestockte Anlage auf mehr als 2,2 Millionen Euro belaufen. Die Dimension insgesamt ist aber weitaus größer.

Schaden: Über eine Schadenssumme wurde im Prozess nach Angaben von Schott nicht gesprochen. Im Verfahren schilderte aber Insolvenzverwalter Renald Metoja die Dimension. Er sprach von mehr als 7000 Gläubigern mit berechtigten und geprüften Forderungen in Höhe von 140 Millionen Euro. Nach dem Insolvenzantrag seien rund 270 Kilogramm Feingold und 180 Kilogramm Schmuck gefunden worden, sagte er als Zeuge. «Es hätten drei Tonnen da sein müssen.»

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