Deutschland und Frankreich machen Druck für ein EU-weites Ende des massenhaften Kükentötens in der Legehennenhaltung.

Bundesagrarminister Cem Özdemir sagte der Deutschen Presse-Agentur: «In Europa werden noch immer hunderte Millionen männlicher Küken pro Jahr getötet.» Es sei an der Zeit, dem endlich europaweit einen Riegel vorzuschieben. In Deutschland sei die Praxis seit Jahresbeginn Geschichte, das Verbot sei auch höchste Zeit gewesen. «Ein EU-weites Verbot wäre ein Quantensprung für den Tierschutz in Europa und sorgt für faire Wettbewerbsbedingungen», sagte der Grünen-Politiker.

Bei den Beratungen der EU-Agrarminister an diesem Montag wollen Deutschland und Frankreich eine gemeinsame Erklärung dazu einbringen, wie das Ministerium in Berlin mitteilte. Die Initiative ziele darauf, ein Verbot des Tötens männlicher Küken in die Überarbeitung der europäischen Tierschutzgesetzgebung aufzunehmen, die die EU-Kommission für das kommende Jahr angekündigt habe. Sie wird demnach auch schon von mehreren anderen Mitgliedsstaaten unterstützt.

Özdemir sagte: «Neugeborene Küken zu töten, weil sie das falsche Geschlecht haben, entspricht auch längst nicht mehr den Erwartungen der europäischen Verbraucher.» Alternativen dazu seien längst da.

Männliche Küken sollen gar nicht erst schlüpfen

In Deutschland greift seit 1. Januar 2022 ein Verbot des Kükentötens, das noch die vorherige Bundesregierung festgelegt hatte. Stattdessen sollen Verfahren eingesetzt werden, um das Geschlecht schon im Ei zu erkennen und männliche Küken gar nicht erst schlüpfen zu lassen. Ab Anfang 2024 folgt eine zweite Gesetzesstufe. Erlaubt sind dann bei der Geschlechtsbestimmung nur noch Methoden, die früher funktionieren - tabu werden Eingriffe ab dem 7. Tag des Bebrütens. Hintergrund ist, dass Embryos ab dann ein Schmerzempfinden haben, wie das Ministerium erklärte. Insgesamt dauert es 21 Tage, bis Küken schlüpfen.

In Deutschland waren zuvor jährlich mehr als 40 Millionen männliche Küken kurz nach dem Schlüpfen routinemäßig getötet worden, weil sie für Brütereien wirtschaftlich nicht lohnend sind. Denn sie legen keine Eier und setzen nicht so viel Fleisch an. Teils ist von «Schreddern» die Rede, die Küken werden aber meist mit Gas getötet.

Tierwohl wiegt schwerer als wirtschaftliche Interessen

Dabei legt das Tierschutzgesetz fest, dass niemand einem Tier «ohne vernünftigen Grund» Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen darf. Das Bundesverwaltungsgericht entschied schon 2019, dass Tierschutzbelange schwerer wiegen als wirtschaftliche Interessen der Hennenzüchter und erklärte die Praxis nur noch für eine Übergangszeit für zulässig.

Die Branche hatte zum Inkrafttreten des Verbots vor Nachteilen im Wettbewerb gewarnt - etwa wenn billigere Eier aus dem Ausland bei verarbeiteter Ware wie Kuchen oder Nudeln verwendet werden. Auch in einigen anderen EU-Staaten steht das Thema im Blick. So will Frankreich das Kükentöten bis Jahresende unterbinden. Neben der Geschlechtsbestimmung im Ei gibt es auch eine weitere Option, wie das Agrarministerium erläuterte. Bei der Zucht von «Zweinutzungshühnern» wachsen weibliche Küken zu Legehennen heran, die aber nicht so viele Eier legen. Männliche Küken werden zur Mast aufgezogen, legen aber langsamer an Gewicht zu.

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