FRANKFURT (dpa-AFX) - Der Dax könnte in der neuen Woche an seine jüngsten Gewinne anknüpfen. "Die Börsenampeln zeigen auf grün, die Anleger schalten in den Risk-on-Modus", schrieb Analystin Claudia Windt von der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba). Schwindende Inflationssorgen und damit verbunden neue Hoffnungen auf Zinssenkungen sowie nachlassende politische Unsicherheiten trügen dazu bei.

Insofern könnte der deutsche Leitindex durchaus etwas näher an sein im Mai erreichtes Rekordhoch bei knapp 18.893 Punkten heranrücken und so seinen jüngsten Abwärtstrend verlassen. Mit der zweiten Runde der Parlamentswahl in Frankreich am Sonntag ist zudem ein Unsicherheitsfaktor Geschichte. Bei der Parlamentswahl liegt entgegen aller Erwartungen ersten Hochrechnungen zufolge das Linksbündnis vorn. Das rechtsnationale Rassemblement National (RN) schnitt deutlich schlechter ab als angenommen.

Es könnte nur auf dem dritten Platz hinter dem Mitte-Lager von Staatspräsident Emmanuel Macron landen, wie die Sender TF1 und France 2 nach Schließung der Wahllokale berichteten. Die absolute Mehrheit von 289 Sitzen dürfte aber keines der Lager erreichen. Premierminister Gabriel Attal zog nach der Wahl Konsequenzen und kündigte an, seinen Rücktritt einzureichen. Ob Präsident Macron das Rücktrittsgesuch annehmen wird, ist offen.

Am Finanzmarkt wurde das Ergebnis zunächst positiv aufgenommen. Beim Broker IG wurde der Dax am Montagmorgen im frühen Handel bei rund 18.500 Punkten und damit etwas höher als am Freitagabend taxiert. Der Euro konnte die Gewinne vergangener Woche halten und kostet weiter mehr als 1,0833 Dollar.

Positiv ist zudem nach der Einschätzung der Helaba-Analystin Windt, dass sich in Deutschland die Ampel-Regierung kurz vor der Sommerpause endlich auf einen Haushalt für 2025 einigte. Dieser soll sowohl die Schuldenbremse einhalten als auch einen "Wachstumsturbo" beinhalten, hob Windt positiv hervor.

Angesichts der deutschen Produktionszahlen vom Mai wäre es ganz gut, wenn dieser bald zünden würde. Denn sowohl Produktion als auch Auftragsentwicklung hatten enttäuscht. "Eine weitere Hiobsbotschaft von der Industrie", kommentierte Ökonom Jens-Oliver Niklasch von der Landesbank Baden-Württemberg. "Es scheint, als sei eine Wende zum Besseren weiter entfernt denn je."

Ein weiterer wesentlicher Treiber für die Aktienmärkte ist die Aussicht auf eher früher als später sinkenden Leitzinsen in den USA. Damit verbunden ist die Hoffnung auf konjunkturelle Impulse für die Weltwirtschaft durch sinkende Finanzierungskosten für Unternehmen und Verbraucher. Dafür aber dürfen die am Donnerstag anstehenden US-Inflationszahlen für Juni nicht deutlich negativ enttäuschen.

Die Inflationsdaten aus den Vereinigten Staaten werden ein maßgeblicher Einflussfaktor für die Zinsentscheidung der US-Notenbank Fed sein, schrieb Edgar Walk, Chefvolkswirt des Vermögensverwalters Metzler Asset Management. Derzeit sei die Datenlage uneindeutig. Von Januar bis April habe die Inflation eher mit hohen Werten überrascht, was die Sorge vor einer hartnäckig starken Teuerung ausgelöst habe. Im Mai sei der Preisanstieg jedoch erheblich langsamer geworden.

"Sollte die Inflation auch im Juni eine schwache Dynamik aufgewiesen haben, steht einer Leitzinssenkung im September nichts mehr im Wege. Vielleicht könnte sogar der Juli wieder ins Spiel kommen", resümierte Walk. In dieses Bild passten am Freitag veröffentlichte Arbeitsmarktdaten aus den USA für den Monat Juni, die zumindest keine neuen Inflationssorgen geschürt hatten.

Eher optimistisch auf die neue Woche blickt auch Robert Halver, der Leiter der Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank. Der oft zu beobachtende Sommer-Blues am Aktienmarkt sollte sich ihm zufolge diesmal in Grenzen halten. Vielmehr dürfte sich das bekannte Muster zunächst fortsetzen, wonach Ausbrüche nach oben zwar durch Gewinnmitnahmen ausgebremst, Kursrutscher aber als Einstiegsgelegenheit wahrgenommen werden.

Auch in der typisch umsatzschwachen Sommerzeit spreche dies zumindest für eine volatile Seitwärtsbewegung, fuhr Halver fort. Denn auf der einen Seite seien negative Aspekte wie die holprige Weltkonjunktur oder die politische Unsicherheit in Frankreich bekannt beziehungsweise würden als handhabbar angesehen. Und auf der anderen Seite "spannen verbesserte Konjunkturausblicke und die sich materialisierende Zinssenkungsfantasie ein Fallnetz gegen Kurseinbrüche auf." Schließlich hat die Europäische Zentralbank bereits im Gegensatz zur Fed die geldpolitische Kurswende vollzogen und im Juni erstmals seit fast fünf Jahren die Leitzinsen wieder gesenkt.

Ansonsten dürften die Anleger am Freitag nach New York schauen. Dann präsentieren große US-Banken ihre Geschäftszahlen für das zweite Quartal und läuten so die Berichtssaison in den Vereinigten Staaten ein. Hierzulande läuft diese erst schleppend an. Besonders im Blick stehen am Donnerstag der Konzern Südzucker und der Verpackungshersteller Gerresheimer mit ihren Quartalsberichten./la/bek/he

--- Von Lutz Alexander, dpa-AFX ---