FRANKFURT (dpa-AFX) - In der neuen Börsenwoche dürfte die Bilanzsaison der Unternehmen weitere Akzente am Aktienmarkt setzen. Ob sie den jüngsten Rekordlauf des Dax untermauern kann, muss sich zeigen. Auch die Geldpolitik bleibt Thema, rückt aber ein klein wenig in den Hintergrund. Interessieren dürfte die Anleger das Protokoll der jüngsten US-Notenbanksitzung vom Januar aber dennoch, weil es Aufschluss geben kann über den weiteren Kurs der Federal Reserve (Fed). Es wird am Mittwoch veröffentlicht.

Die Märkte gingen im Moment bei der Fed von einem Zinsschritt im Juni aus, sagt Analyst Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets. "Sie haben ihren Frieden gemacht mit der Aussicht, dass die Fed auch danach nicht seriell auf jeder Sitzung die Leitzinsen senken wird, weil sie es angesichts der Stärke der US-Wirtschaft nicht tun muss. Das ist eine gute Botschaft." Das Abwarten der Fed sei ein Vertrauensbeweis in das Wachstum der US-Wirtschaft.

Deren robuste Verfassung kann allerdings zur Folge haben, dass die Preise nicht so schnell fallen wie erhofft. Teuerungsdaten aus den USA waren zuletzt nicht nach dem Geschmack der Anleger ausgefallen und ließen Sorgen aufkommen, dass sich der Zeitpunkt für Zinssenkungen weiter verzögert. Doch nachhaltig belastet wurden die Börsen davon nicht.

Im Gegenteil: die Rekordjagd ging schnell weiter. So hat sich der Dax von der runden Marke von 17 000 Punkten inzwischen klar nach oben abgesetzt - zunehmenden geopolitischen Spannungen zum Trotz. "Die Anleger scheinen wohl zu denken, aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Oder anders formuliert, die Zinswende kommt bestimmt, nur ein wenig später", schrieb Analyst Christian Henke vom Handelshaus IG.

Gertrud Traud, Chefvolkswirtin der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba), betonte, dass die Fed und die Europäische Zentralbank zwar "den Schalter noch nicht umgelegt haben", der geldpolitische Wechsel aber schon verbal vorbereitet werde. Traud erwartet ebenfalls ein Umschalten der beiden Zentralbanken im Juni.

Die Hoffnung auf Zinssenkungen und gute Quartalszahlen sind derzeit die Treiber der Rekordrally am Aktienmarkt. Ob die Rekordlaune anhält oder die Kurse korrigieren - also innerhalb eines generellen Aufwärtstrends erst einmal ein wenig fallen -, darüber könnten in den nächsten Tagen weitere Bilanzen und Ausblicke von Unternehmen mit entscheiden. Bislang scheinen diese das noch immer hohe Zinsniveau recht gut verkraftet zu haben. Das gilt auch für die schwer gewichteten Technologiekonzerne aus den USA, deren Geschäftsentwicklungen die Marktteilnehmer überzeugen konnten.

Im Technologiesektor spielt das Megathema Künstliche Intelligenz (KI) derzeit die zentrale Rolle und treibt die Aktienbewertungen in die Höhe. Nvidia ist mit seinen Chips einer der Hauptprofiteure des KI-Booms, die Aktien haben allein im Börsenjahr 2024 schon wieder um fast die Hälfte zugelegt. Anleger warten nun gespannt darauf, wie sich der Konzern im Schlussquartal entwickelt hat und die Aussichten einschätzt. Die Quartalszahlen veröffentlicht Nvidia am Mittwoch nach US-Börsenschluss.

Im Dax ist der Hype um KI weniger zu spüren, vielmehr gibt dort "Old Economy" den Ton an, mit Geschäftszahlen vom Baustoffkonzern Heidelberg Materials und vom Autobauer Mercedes-Benz am Donnerstag. Am Freitag folgen der Chemiekonzern BASF , die Deutsche Telekom und der Versicherer Allianz . Der Medizinkonzern und Krankenhausbetreiber Fresenius öffnet bereits am Mittwoch die Bücher.

Laut Helaba-Chefökonomin Traud ist das Gewinnbild in der aktuellen Berichtssaison positiv. Sie verwies darauf, dass die im Dax enthaltenen Unternehmen den Großteil ihres Umsatzes im Ausland erwirtschafteten. Sie könnten zudem auf eine anhaltende Verschlechterung der hiesigen Standortbedingungen mit weiteren Produktionsverlagerungen reagieren. Angesichts der Erwartung an deutlich sinkende Leitzinsen hätten Aktien zwar schon viel Positives vorweggenommen, im internationalen Kontext sei der Dax aber noch moderat bewertet.

Neben den Unternehmensbilanzen aus dem Index der großen Werte prägen weitere Quartalszahlen von Unternehmen aus MDax und SDax das Bild in der neuen Woche, die zumindest am Montag recht ruhig beginnen dürfte. Denn in den USA ist die Börse wegen eines Feiertags geschlossen, Impulse von der oft taktangebenden Wall Street sowie von der Tech-Börse Nasdaq bleiben also zum Wochenauftakt aus.

Wichtige Konjunkturdaten werden zudem erst ab der zweiten Wochenhälfte erwartet, darunter am Donnerstag Stimmungsdaten aus der Industrie und dem Dienstleistungssektor. Im Euroraum könnten die Stimmungsindikatoren Hoffnung auf eine allmähliche Besserung der Konjunktur machen, hieß es von der Commerzbank. Zum Wochenschluss achten Marktteilnehmer auf das Ifo-Geschäftsklima, dem wichtigsten Frühindikator für die Entwicklung der deutschen Wirtschaft./ajx/mis/jha/he

--- Von Achim Jüngling, dpa-AFX ---