FRANKFURT (dpa-AFX) - In der neuen Börsenwoche dürften allmählich Quartalszahlen von Unternehmen stärker in den Fokus der Investoren rücken und Konjunkturdaten etwas in den Hintergrund drängen. Nachdem der Inflationsdruck jüngst, so wie von Marktteilnehmern erhofft, weiter nachgelassen hat, und dadurch die Sorgen vor stärker steigenden Zinsen gemildert wurden, wird es nun darauf ankommen, ob die Geschäftszahlen der Unternehmen die Anleger überzeugen.

Die Berichtssaison in den USA ist mittlerweile angelaufen - mit ersten Unternehmenszahlen aus dem Finanzsektor. Am Dienstag stehen mit Goldman Sachs und Morgan Stanley weitere Banken mit Quartalszahlen im Blick. Am Donnerstag nach US-Börsenschluss verspricht der Geschäftsbericht des Streamingdienstes Netflix Spannung. Hier dürften die Anleger besonders auf die Abonnenten-Zahlen achten, die als Indikator für das Konsumverhalten der Amerikaner ebenso interessant sind wie die am Mittwoch zur Veröffentlichung anstehenden Daten aus dem US-Einzelhandel.

Laut der Commerzbank dürften die Einzelhandelsumsätze in den USA im Dezember vermutlich deutlich gesunken sein, allerdings hauptsächlich wegen der niedrigeren Benzinpreise. Wie es um die US-Wirtschaft bestellt ist, zeigen zur Wochenmitte weitere Daten, etwa zur Industrieproduktion. Auch die Erzeugerpreise stehen am Mittwoch auf dem Programm, welche tendenziell die Verbraucherpreise beeinflussen, an denen die US-Notenbank Fed ihre Geldpolitik ausrichtet. Die deutlichen Zinsanhebungen der Fed könnten allmählich ihre Spuren in der Wirtschaft hinterlassen, wenngleich sich der Arbeitsmarkt noch immer in robuster Verfassung zeigt.

Neben den US-Daten haben Konjunkturdaten aus China das Potenzial, die Märkte zu bewegen. Auf der Agenda stehen am Dienstag das Wirtschaftswachstum, die Einzelhandelsumsätze und die Industrieproduktion im Reich der Mitte. In den Daten sollte sich die rigorose Covid-Politik Chinas widerspiegeln, schrieben die Experten der Landesbank Hessen-Thüringen. Die Null-Covid-Strategie wurde von der chinesischen Regierung inzwischen aber beendet, die Wiedereröffnung des Landes war für die jüngsten Kursgewinne an den Börsen mit entscheidend.

Marktteilnehmer sind sich einig, dass die Entwicklung der Unternehmen im Schlussquartal die weitere Richtung am Aktienmarkt in den nächsten Wochen wieder stärker bestimmen wird. Positive Überraschungen könnten dabei der nächste Treiber für die Rally am Aktienmarkt sein, schrieb Analyst Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets. Doch ausgemacht ist das längst nicht: So müssten die Unternehmen auch berichten, wie sie ihre Gewinne durch die Inflation und die schwächere Konjunktur beeinträchtigt sehen, hieß es etwa bei der DekaBank.

Einen Vorgeschmack hatte am Freitagabend überraschend der im Dax notierte Kunststoffkonzern Covestro geliefert. Hohe Abschreibungen rissen diesen im vergangenen Jahr überraschend in die roten Zahlen. Unter dem Strich steht nach vorläufigen Zahlen ein Verlust von etwa 300 Millionen Euro. Analysten hatten im Schnitt mit einem Gewinn von 420 Millionen Euro gerechnet. Auch im Tagesgeschäft schnitt das Unternehmen trotz des höchsten Umsatzes der Unternehmensgeschichte etwas schlechter ab als gedacht. Für die Covestro-Aktie ging es im nachbörslichen Handel bei Tradegate um rund zwei Prozent nach unten.

Im Laufe der Woche könnten noch weitere Unternehmen mit Eckdaten zum vergangenen Jahr überraschen. Auf der offiziellen Agenda stehen dagegen wenig Zahlen deutscher Unternehmen. Am Donnerstag legt in Deutschland der Software-Anbieter Suse aus dem Nebenwerteindex SDax Quartalszahlen vor. In der Schweiz steht die Online-Apotheke Zur Rose mit Umsatz-Kennziffern im Blick, welche den Kurs des deutschen Konkurrenten Shop Apotheke bewegen könnten.

Die sinkenden Inflations- und Zinsgefahren gelten an den Börsen zunächst als eingepreist. Der Dax reagierte darauf, indem er jüngst erstmals seit dem Kriegsausbruch in der Ukraine im Februar 2022 wieder über die runde Marke von 15 000 Zählern kletterte. Zum Vergleich: Ende September stand er noch unter 12 000 Punkten. Bei den Bewertungen der einzelnen Dax-Unternehmen sieht die Commerzbank bis auf einige Ausnahmen, etwa Versicherer, derzeit keine Übertreibungen./ajx/ag/jha/zb/nas

- Von Achim Jüngling, dpa-AFX -