FRANKFURT (dpa-AFX) - Nachdem sich der Dax in den vergangenen knapp zwei Wochen an der 16 000-Punkte-Marke die Zähne ausgebissen hat, dürfte sich daran erstmal wenig ändern. Auch beim US-Leitindex Dow Jones Industrial droht sich die Konsolidierung fortzusetzen. In der neuen Woche dürften neben weiteren Unternehmenszahlen und Konjunkturdaten vor allem der mögliche Zahlungsausfall der US-Regierung im Anlegerfokus stehen. Am Donnerstag hat die Deutsche Aktienbörse trotz des Himmelfahrt-Feiertags geöffnet.

Nach Einschätzung von Robert Halver, Kapitalmarktanalyst der Baader Bank, fehlt den Aktien derzeit der Kick frischer Impulse. "Da zuletzt die Konjunkturrisiken wieder verstärkt in den Anlegerfokus gerieten, verlieren die Aktienmärkte an fundamentaler Stärke. Gleichzeitig kommt die wirtschaftliche Flaute jedoch der Inflationsentspannung zugute, die den Notenbanken den Einstieg in den Ausstieg aus der Zinswende erleichtert", erklärte Halver. Er rechnet vorerst weiter mit eher wenig Bewegung der Aktienindizes. "Für die nächste Zeit heißt das Zauberwort Branchen- und Einzelwertrotation. Die interessante Story bringt den Kursgewinn", glaubt der Experte.

Unterdessen rückt eine mögliche Zahlungsunfähigkeit der US-Regierung mit ernsten Konsequenzen für die Finanzmärkte näher, sollten sich Demokraten und Republikaner hinsichtlich der Anhebung der Schuldenobergrenze nicht bald einigen.

Angesichts eines Rennens gegen die Zeit warnte die US-Regierung am Wochenende erneut eindringlich vor einem Zahlungsausfall. "Ein Zahlungsausfall könnte zu einer massiven Rezession führen, die uns Millionen von Arbeitsplätzen kosten würde", sagte Vize-Finanzminister Wally Adeyemo am Sonntag dem Sender CNN. Im Moment liefen Gespräche zur Anhebung der Schuldenobergrenze zwischen den beiden Parteien, die "konstruktiv" seien.

Laut Commerzbank-Analystin Esther Reichelt steht dieses Thema in der Rangordnung über Erwägungen, wie lange die US-Notenbank an einer Zinspause festhalten könne. Sie rechnet weiterhin kaum damit, dass es kurzfristig zu einer Lösung im Schuldenstreit kommen wird. "Erst wenn die Gläubiger schon mit den Hufen scharren, haben die politischen Lager eine Chance, ihren jeweiligen Anhängern einen Kompromiss ohne größeren Gesichts- bzw. Wählerstimmenverlust verkaufen zu können", so Reichelt.

Mit Blick auf die immer noch auf vollen Touren laufende Quartalsberichtssaison deutscher Unternehmen verwies Commerzbank-Experte Andreas Hürkamp darauf, dass sich die hiesigen Unternehmensgewinne weiterhin besser als erwartet entwickeln. Monetäre Indikatoren signalisierten jedoch, "dass die Dax-Gewinnerwartungen im zweiten Halbjahr 2023 sinken dürften". Er rechnet deshalb mit einer schwächeren Aktienmarkt-Performance in den kommenden Monaten und empfiehlt Anlegern, das aktuelle Dax-Niveau im Bereich von 16 000 Punkten zu nutzen, um ihre Positionen schrittweise etwas abzubauen.

Auch in der neuen Woche steht aus Unternehmenssicht noch eine Vielzahl an Quartalszahlen auf der Agenda, auch wenn der Zenit der Berichtssaison klar überschritten ist. So werden die Dax-Mitglieder Commerzbank , Munich Re , Porsche SE , Siemens und Siemens Energy über ihre jüngste Geschäftsentwicklung berichten. Aus dem MDax präsentieren unter anderem der Wind- und Solarparkbetreiber Encavis und der Versicherer Talanx ihre Kennziffern. Zudem finden noch zahlreiche Hauptversammlungen statt, die ebenfalls Neuigkeitspotenzial bergen.

Konjunkturell scheint die Lage derzeit eher trüber als freundlicher zu sein. Marktstratege Uwe Streich von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) wertet die jüngst extrem schwachen Zahlen zu den deutschen Auftragseingängen und zur hiesigen Industrieproduktion gar als Rezessionssignal. Er sieht auch die USA wirtschaftlich immer weiter an Boden verlieren.

Zwar hätten die zuletzt nochmals leicht gesunkenen Inflationszahlen der US-Notenbank Fed Luft gegeben, die Auswirkungen der bisherigen Zinserhöhungen in aller Ruhe abzuwarten. Allerdings dürften baldige Zinssenkungen - wie sie an den Märkten bereits eingepreist seien - nicht anstehen. "Dass die Märkte positiven Newsflow regelmäßig feierten, negative Aspekte jedoch mit stoischer Ruhe negierten, bereitet uns Sorgen", so Streich.

Interessant werden daher in der neuen Woche Daten zur jüngsten Wirtschaftsentwicklung. Für die Eurozone werden am Montag die Industrieproduktion (März), am Dienstag das Bruttoinlandsprodukt (BIP/1. Quartal) und am Mittwoch die endgültigen Inflationsdaten (April) veröffentlicht.

Zum BIP sagte Robert Greil, Chefstratege von Merck Finck: "Die Wirtschaftsleistung dürfte im Euroraum im Startquartal 2023 im Vorjahresvergleich um gut ein Prozent gewachsen sein - im Vergleich zum vierten Quartal 2022 sich aber kaum verändert haben." Er geht davon aus, dass die Eurozone in diesem Jahr knapp an einer Rezession vorbeischrammen wird.

In den USA dürften am Dienstag die Einzelhandelsumsätze und die Industrieproduktion im April stärker beachtet werden. Am Mittwoch folgen die finalen April-Inflationszahlen. In Deutschland veröffentlicht das ZEW-Institut am Mittwoch die bei Finanzexperten erhobenen Konjunkturerwartungen. Am Freitag runden die deutschen Erzeugerpreise die Woche ab./edh/tih/mis

- Von Eduard Holetic, dpa-AFX -