MÜNCHEN/MANNHEIM (dpa-AFX) - Wirtschaftsforscher sehen Krisenzeiten als Chance für einen Abbau von Bürokratie in Deutschland. Der Professor Friedrich Heinemann vom Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) sagte am Mittwoch: "Auf einigen Feldern wie etwa dem Bau von Flüssiggas-Infrastruktur beobachten wir in der Energiekrise eine erstaunliche Schnelligkeit der Genehmigungsverfahren." Aber das sei die große Ausnahme. "Wir sollten die Krise nutzen, um unsere Verwaltungsabläufe rund um die Genehmigung von Unternehmensinvestitionen grundlegend zu modernisieren und zu beschleunigen."

Im Vergleich der Industrienationen sei Deutschland beim Thema Regulierung seit der Corona-Krise deutlich abgerutscht: auf Platz 19 von 21. Nur Spanien und Tschechien schnitten noch schlechter ab, heißt es in einer Standortstudie des ZEW für die Stiftung Familienunternehmen. Die Spitzenplätze belegten die USA, Kanada, Irland und Japan. Das ZEW führt die Verschlechterung Deutschlands auch auf die Politik in der Pandemie zurück und verwies auf die Bewertung von Restriktivität, Transparenz und Verlässlichkeit der Sonderregulierungen.

Die Stiftung Familienunternehmen kritisierte, obwohl die Energiekosten Betriebe um ihre Existenz fürchten ließen und Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit bedrohten, "entstehen in Brüssel und Berlin immer neue Bürokratiemonster. In einer Ära, in der eine Krise auf die nächste trifft, können wir uns ein solches Regulierungsumfeld endgültig nicht mehr leisten", sagte Stiftungsvorstand Rainer Kirchdörfer./rol/DP/men