MÜNCHEN (dpa-AFX) - Die Verteidiger des früheren Wirecard-Chefs Markus Braun wollen den Prozess um den Milliardenbetrug bei dem einstigen Dax -Konzern in eine neue Richtung lenken: Die Anwälte legten der Münchner Strafkammer am Donnerstag mehrere hundert Beweisanträge vor. Diese sollen belegen, dass der seit Sommer 2020 untergetauchte Ex-Vertriebsvorstand Jan Marsalek der Drahtzieher war, Braun jedoch weder Komplize noch Mitwisser. Marsalek und seine Bande sollen den Konzern demnach über ein Firmengeflecht ausgeplündert und Erlöse in immenser Höhe veruntreut haben, die eigentlich dem Konzern zugestanden hätten.

Verteidiger Alfred Dierlamm berief sich auf hunderttausende Emails. "Aus der Auswertung der Email-Accounts ergibt sich kein einziger Hinweis, dass Herr Dr. Braun in die beschriebenen Machenschaften der Bande irgendwie eingebunden war oder davon gewusst haben könnte." Nach Darstellung des Rechtsanwalts gibt es auch keine anderweitigen Hinweise auf Absprachen der Bande mit Braun.

Im größten Betrugsfall der deutschen Nachkriegsgeschichte sind Braun und zwei weitere frühere Wirecard-Manager wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Bandenbetrugs angeklagt. Die Ankläger sehen Braun als einen der Haupttäter, laut Anklage soll die Bande seit 2015 die Wirecard-Bilanzen gefälscht und kreditgebende Banken um 3,1 Milliarden Euro geschädigt haben. Der Strafprozess läuft seit Anfang Dezember, die Kammer hat bislang gut 50 der zunächst angesetzten 100 Prozesstage verhandelt./cho/DP/men