(In der Meldung vom 15. November, 16.40 Uhr, wurden in den Absätzen 4, 5 und 6 weitere Angaben zu Studien über die möglichen Auswirkungen von Glyphosat ergänzt.)

BRÜSSEL (dpa-AFX) - Der umstrittene Unkrautvernichter Glyphosat darf in der EU ein Jahr länger genutzt werden als bislang vorgesehen. Die EU-Kommission werde entscheiden, die befristete Zulassung des Unkrautvernichters bis zum 15. Dezember 2023 zu verlängern, sagte eine Sprecherin der EU-Kommission der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag. Formell sei die Entscheidung zwar noch nicht getroffen worden, dies werde aber bis zum 15. Dezember geschehen. Dann läuft die bisherige Zulassung für Glyphosat in der EU aus.

Die Kommission war nach eigenen Angaben rechtlich dazu verpflichtet, die Zulassung zu verlängern, auch wenn viele EU-Staaten der Verlängerung nicht zugestimmt haben. Es werde zusätzliche Zeit benötigt, damit die zuständige EU-Behörde alle notwendigen Informationen prüfen und die Sicherheit des Mittels rechtssicher einschätzen könne. Dann soll eine langfristige Entscheidung bezüglich Glyphosat getroffen werden.

Dem Glyphosat-Hersteller Bayer lag am Dienstagnachmittag noch keine offizielle Bestätigung der EU-Kommission für die Verlängerung der Zulassung vor. Doch zeigte sich der Konzern zuversichtlich, dass damit zu rechnen sei. "Jeder andere Pflanzenschutzmittelwirkstoff, der eine solche vorübergehende behördliche Verlängerung in der EU benötigt hat, hat die Verlängerung erhalten", sagte ein Sprecher.

Das Pestizid steht unter Verdacht, Krebs zu verursachen. Kritiker des Unkrautvernichters berufen sich dabei auf eine Einschätzung der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC), die Glyphosat als wahrscheinlich krebserregend einstuft.

Hersteller Bayer weist das allerdings vehement zurück und verweist darauf, dass seine Einschätzung auch von "einer Vielzahl unabhängiger Zulassungsbehörden rund um die Welt" geteilt werde. So kommt etwa das Bundesinstitut für Risikobewertung zu dem Schluss: "Glyphosat ist bei bestimmungsgemäßer und sachgerechter Anwendung nicht krebserzeugend."

Deutschland will ab Anfang 2024 Glyphosat nicht mehr zulassen. Dabei geht es aber auch um Insektenschutz. Nach Angaben des Umweltbundesamtes sinkt mit der vollständigen Vernichtung aller Kräuter und Gräser auf Ackerflächen die Zahl der Pflanzen. Damit wird Insekten und Feldvögeln großflächig die Lebensgrundlage entzogen.

Kritik an der Ankündigung der EU-Kommission kommt von der Verbraucherorganisation Foodwatch. Der Fall zeige, dass die EU-Zulassungspraxis für Pestizide reformiert werden müsse. "Pestizide dürfen nur noch als letztes Mittel in Notfällen eingesetzt werden", hieß es von Seiten der Organisation./mjm/DP/jha