MOSKAU (dpa-AFX) - Russland hält trotz westlicher Skepsis an der Behauptung fest, Kiew wolle Moskau mit der Zündung einer "schmutzigen" - also atomar verseuchten - Bombe diskreditieren. "Die Gefahr liegt auf der Hand", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Darauf angesprochen, dass die USA, Großbritannien und Frankreich die Vorwürfe in Zweifel ziehen, erklärte er: "Ihr Misstrauen gegenüber der Information, die ihnen von russischer Seite gegeben wurde, bedeutet nicht, dass die Gefahr des Einsatzes einer "schmutzigen Bombe" aufhört zu bestehen."

Außenminister Sergej Lawrow will den Fall derweil vor die Vereinten Nationen (UN) bringen. Der russische Chefdiplomat erklärte, es gebe "konkrete Informationen zu den Instituten in der Ukraine, die über entsprechende Technologien verfügen, solch eine "schmutzige Bombe" zu bauen". Die westliche Reaktion sei angesichts der bedingungslosen Unterstützung für Kiew erwartbar gewesen, sagte Lawrow. In der UN hoffe er allerdings auf eine "professionelle Erörterung" des Themas.

Moskau hatte die Vorwürfe am Sonntag publik gemacht. Russische Staatsmedien behaupteten, Kiew sei mit der Entwicklung einer radioaktiv verseuchten Bombe fast fertig. Es wolle diese auf eigenem Gebiet einsetzen, um eine Schmutzkampagne gegen Russland zu fahren. In vier Telefonaten mit seinen Kollegen aus der Türkei, Frankreich, Großbritannien und den USA verbreitete später Verteidigungsminister Sergej Schoigu die Version einer ukrainischen "schmutzigen Bombe".

Washington, Paris und London wiesen die Anschuldigungen in einer gemeinsamen Erklärung zurück und warnten Moskau vor einer weiteren Eskalation des Kriegs unter diesem Vorwand. Auch Kiew dementierte den Besitz einer schmutzigen Bombe. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba rief die Internationale Atombehörde IAEA dazu auf, die Ukraine zu besuchen, um etwaige Objekte zu untersuchen. Die Ukraine ist - im Gegensatz zu Russland - keine Atommacht. Im Rahmen des Budapester Abkommens 1994 hat das Land alle Atomwaffen an Russland abgegeben. Russland sicherte damals zu, die Souveränität der Ukraine zu achten./bal/DP/mis