BURLADINGEN (dpa-AFX) - Anfang 2024 hat Wolfgang Grupp den Chefposten in seiner Textilfirma Trigema im schwäbischen Burladingen geräumt. Doch nach wie vor sitzt er jeden Tag an seinem Schreibtisch und mischt mit
- immer akkurat im Anzug, immer mit Krawatte und immer mit
Einstecktuch.
"Meine Kinder haben darauf bestanden, dass ich genauso hier sitze und der Schreibtisch von mir beibehalten wird. Ich bin jetzt ab und zu froh, dass nicht alles auf mir lastet. Manchmal gehe ich früher", sagt der Familienvater, der immer noch für die Produktionsdispositionen im Unternehmen zuständig ist. "Ich kann mich gesundheitlich nicht beschweren, aber man merkt, dass man nicht mehr so schnell die Treppen runter läuft", sagt der 82-Jährige.
Fließender Übergang zum Generationenwechsel
Der alleinige Geschäftsführer und Inhaber gab die Geschäftsführung an seine Tochter Bonita und seinen Sohn Wolfgang Grupp junior ab. Wolfgang Grupp junior wurde zum 1. Januar 2024 persönlich haftender Gesellschafter und Geschäftsführer. Bonita Grupp zum gleichen Zeitpunkt Mitglied der Geschäftsführung. Ihre Mutter, Elisabeth Grupp, ist als Gesellschafterin ebenso im Unternehmen tätig aber nicht Teil der Geschäftsführung.
Dadurch, dass die Kinder schon seit Jahren in der Firma tätig seien, sei es ein fließender Übergang gewesen, sagt Wolfgang Grupp senior. "Natürlich mussten wir uns in unserem Team finden und haben gewisse Strukturen aufgebaut. Wir treffen uns einmal die Woche und besprechen wichtige Dinge. Wir sind glücklich darüber, dass unser Vater uns immer noch auch mit Rat und Tat zur Seite steht", sagt Bonita, die seit Herbst für die CDU im Kreistag des Zollernalbkreises sitzt.
Wolfgang Grupp junior erklärt die Aufgabenteilung: "Meine Schwester kümmert sich ums Personal, E-Commerce und Marketing. Meine Mutter verantwortet die Testgeschäfte. Ich bin zuständig für den B2B-Bereich, Verkauf, Logistik und IT."
Trigema wird moderner
Viel habe sich bei Trigema nicht verändert, sagt Elisabeth Grupp. Neu seien Zwischenkollektionen. "Wir haben uns entscheiden, dass wir das Jahr über kleinere Kollektionen dazwischenschieben." Die Zwischenkollektionen, bei denen man beispielsweise auch mit größeren, grafischen Mustern arbeitet, lassen sich laut Bonita Grupp noch besser in den sozialen Medien präsentieren. Für die Veröffentlichung auf der Plattform Instagram sei ein internes Team zuständig. "Wir wollen auch nicht zu modisch sein. Denn unser Anspruch ist es, dass man unsere Produkte lange tragen kann."
Rund 40 Prozent des Umsatzes von 113 Millionen Euro werden über die Testgeschäfte, 40 Prozent über den Online-Shop und 20 Prozent über Direktkunden verkauft. Pro Woche werden 80.000 Teile produziert.
Über ihre Motivation, in die Politik zu gehen, sagt Bonita Grupp: "Wir haben hier allein im Landkreis zwei Produktionswerke. Der Großteil unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter lebt hier. Wir wollen, dass die Region langfristig attraktiv bleibt für Personal, und unsere Region auch die Stärke bewahrt, die sie hat."
Nach Ansicht von Wolfgang Grupp junior sollte die Politik dringend mehr Bürokratie abbauen und schneller und flexibler werden. "Wir haben Arbeitskräftemangel und das ist nicht nur bei Trigema so. Wir suchen dringend Fachkräfte. Es wäre gut, etwa ein System zu finden, um älteren Mitarbeitern, die ein oder zwei Jahre länger arbeiten möchten, dafür steuerliche Vergünstigungen anbieten zu können. "Erstens belastet dies die Rentenkasse nicht, und zweitens ist es für die Wirtschaft produktiv." Auch Überstunden müssten steuerlich vergünstigt werden, meint der 33-Jährige.
Das Haus Trigema
Der frühere Inhaber der Textilfirma Trigema wurde durch Fernsehspots bekannt. In diesen warb anfangs ein echter Schimpanse mit Hemd, Krawatte und roter Brille für T- und Sweat-Shirts des Herstellers von Sport- und Freizeitkleidung. Werbeaffe Charly kam dann in einer animierten 3D-Version zurück und ist in diesem Jahr als "AI-Fashion-Influencer" zu sehen.
Der Textilunternehmer Wolfgang Grupp wurde am 4. April 1942 in Burladingen geboren. 1969 übernahm er die 1919 von seinem Großvater gegründete, hoch verschuldete Firma. Grupp führte Trigema aus den roten Zahlen und machte den Betrieb zu Deutschlands größtem T-Shirt und Tennis-Bekleidungs-Hersteller. Bei Trigema gab es weder Kurzarbeit noch Entlassungen wegen Arbeitsmangel. Den Kindern aller Mitarbeiter wurde stets ein Ausbildungs- oder Arbeitsplatz in der "Betriebsfamilie" nach dem Schulabgang garantiert.
Als in den 1970er Jahren in Asien günstigere Produktionskosten lockten, verlagerten die großen Firmen ihre Herstellung. Der wertkonservative Grupp bestand aber darauf, nur in Deutschland zu produzieren. Grupp belieferte erst die Kaufhaus- und Versandkönige, dann den Selbstbedienungsgroßhandel und dann die Discounter. Er entschied im Jahr 1984 -nachdem auch die Discounter noch billiger einkaufen wollten - den Handel in eigene Hände zu übernehmen. Trigema eröffnete dann sein erstes Tagesgeschäft im Allgäu./tat/DP/he