POTSDAM (dpa-AFX) - Bei der externen Untersuchung von Vorwürfen beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) hat eine Anwaltskanzlei in einem ersten Teilgutachten mehrere Mängel festgestellt. Es gab auch entlastende Aspekte. Seit Juni kamen durch Medienberichte Vetternwirtschaft-Vorwürfe bei dem öffentlich-rechtlichen ARD-Sender auf.

Auszüge aus der Einschätzung der Kanzlei vom Donnerstag am Rande der RBB-Rundfunkratssitzung in Potsdam: Bei einer früheren London-Reise der fristlos entlassenen Intendantin Patricia Schlesinger sei man zum Ergebnis gekommen, "dass diese Reise nicht dienstlich veranlasst war, weil wir keinerlei Hinweise, Anzeichen, Anhaltspunkte für einen dienstlichen Kontext feststellen konnten". Wegen der Abrechnung von Kosten über den RBB ordnete die Anwaltskanzlei das Ganze als klaren Verstoß ein.

Bei einem Abendessen in ihren Privaträumen, das Schlesinger über den Sender abrechnete, habe man festgestellt, dass ein dienstlicher Charakter nicht gegeben war. Die Anwälte sprachen von Treuepflichten gegenüber dem RBB. Zudem habe sie bei Abrechnungen zu Abendessen das Vier-Augen-Prinzip missachtet - jedoch seien die internen Regelungen des Senders für die Intendantin zugleich nicht bindend gewesen.

Zum Vorwurf, dass Schlesinger ihren Dienstwagen auch privat genutzt habe, sagten die Anwälte wiederum, dass eine Pflichtverletzung nicht festgestellt werden konnte. Dies sei ihr per Dienstvertrag gestattet.

Es ging auch um die Dienstverträge Schlesingers, für dessen Abschlüsse das Kontrollgremium Verwaltungsrat zuständig war. Die Anwälte führten aus, dass es beim Zustandekommen der Verträge Mängel gegeben habe, zum Beispiel hätten Beschlussvorlagen dem Gremium nicht vorgelegen. Die Mängel führen nach Ansicht der Kanzlei zu einer Nichtigkeit der Beschlüsse des Verwaltungsrats.

Im Zentrum des RBB-Skandals stehen Schlesinger und der zurückgetretene Chefkontrolleur Wolf-Dieter Wolf. Beide wiesen Vorwürfe zurück. Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin ermittelt gegen Schlesinger, ihren Ehemann und Wolf. Parallel und unabhängig davon hatte der Sender eine externe Untersuchung durch eine Anwaltskanzlei angestoßen. Es gilt bis zur Aufklärung die Unschuldsvermutung.

Der Medienanwalt Schlesingers, Ralf Höcker, teilte auf Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur zu dem Teilgutachten der Kanzlei mit: Man kenne den Bericht nicht und könne daher nur spekulativ dazu Stellung nehmen. Seine Mandantin freue sich, dass die meisten Vorwürfe offenbar abgeräumt worden seien. "Sie hatte es nicht anders erwartet." Zu dem genannten Abendessen erläuterte der Anwalt: "Sobald man uns erzählt, welches Essen gemeint ist, werden wir auch hier gerne bei der Aufklärung helfen." Der Medienanwalt ergänzte zur London-Reise: "Man sagt uns leider nicht, was genau die Kanzlei an der Reise bemängelt, so dass wir dazu keine Stellung beziehen können."

RBB-Interims-Intendantin Katrin Vernau sagte, man werde alle Erkenntnisse, die man gewonnen habe und noch gewinnen werde, arbeitsrechtlich und strafrechtlich würdigen lassen.

Die Anwälte der Kanzlei, die nun die Vorfälle prüfte, sagten zusammenfassend, dass es um eine Kulturfrage beim RBB gehe. Es seien Dinge auch im Kontrollgremium Verwaltungsrat als normal akzeptiert worden, die von außen betrachtet nicht normal seien.

Die Anwaltskanzlei prüft in einem zweiten Schritt weitere Vorwürfe rund um die RBB-Krise, zum Beispiel ein inzwischen auf Eis gelegtes Bauprojekt des Senders. Mit einem weiteren Ergebnis wird bis Dezember gerechnet./rin/DP/he