BERLIN (dpa-AFX) - In der SPD-Bundestagsfraktion regt sich massive Kritik an den umfassenden Grenzkontrollen sowie den geplanten Verschärfungen in der Migrationspolitik. Das geht aus einer Antwort von 35 Abgeordneten der Fraktion auf einen offenen Brief hervor, in dem vor einigen Tagen Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten die SPD-Vertreter in der Bundesregierung und im Bundestag aufgefordert hatten, das Asylrecht zu verteidigen und Menschenrechte zu wahren.

In der Antwort der 35 Parlamentarier, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, heißt es: "Wir teilen Eure Trauer, Eure Wut und Eure Zweifel angesichts des aktuellen Diskurses." Und: "Auch wir halten den Kurs, der gerade in der SPD in der Migrations- und Asylpolitik eingeschlagen wird, für falsch." Zwar sei es verständlich, dass sich viele Menschen nach dem Terroranschlag auf einem Stadtfest in Solingen im August Maßnahmen für mehr Sicherheit wünschten. Und einige geplante Reformen, etwa im Waffenrecht oder strengere Regeln, um Terrorfinanzierung zu unterbinden, seien auch sinnvoll. Gleichzeitig gelte aber: "Sicherheitspolitische Fragen dürfen nicht unzulässig mit Migrationspolitik vermischt werden."

Zu den Unterzeichnern gehören neben anderen Hakan Demir, Rasha Nasr und Carmen Wegge. Die Zahl derer, die den offenen Brief unterschrieben, ist inzwischen auf mehr als 12.000 Parteimitglieder gestiegen.

"Die SPD darf nie die menschenfeindlichen Narrative und Positionen rechter Parteien aufgreifen und damit normalisieren", hieß es in dem Brief, den Abgeordnete aus Europarlament, Bundestag und Landtagen, aber auch einfache Parteimitglieder initiierten hatten. "Die Sprache der Rechten zu übernehmen, wenn es um Asylsuchende geht, die vor Krieg und Chaos fliehen, und geschlossene Grenzen innerhalb Europas zu planen - ein solcher Schwenk befeuert die Positionen der extremen Rechten."

Die SPD-Bundestagsabgeordneten schrieben ihrerseits, sie seien dankbar dafür, dass ihre Parteifreunde Rückendeckung gegeben und dem "reflexhaften Ruf nach einer härteren Gangart in der Migrationspolitik" widersprochen hätten. Auf das sogenannte Sicherheitspaket bezogen, zu dem die abschließende Beratung im Bundestag noch aussteht, kritisierten die 35 Abgeordneten unter anderem den vorgeschlagenen Ausschluss von Sozialleistungen für Menschen, für deren Asylverfahren ein anderes europäisches Land verantwortlich ist, und die von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) angeordneten Kontrollen an allen Landgrenzen./abc/DP/ngu