BERLIN (dpa-AFX) - Vor seinem Antrittsbesuch in Peking hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) einen Kurswechsel gegenüber China angekündigt. In einem Beitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" begründete er das am Mittwoch mit den Ergebnissen des Parteitags der Kommunistischen Partei Chinas vor zwei Wochen. Die Bekenntnisse zum Marxismus-Leninismus hätten dabei deutlich breiteren Raum eingenommen als bei früheren Parteitagen. Dem Streben nach Stabilität des kommunistischen Systems und nationaler Autonomie komme künftig mehr Bedeutung zu. "Es ist klar: Wenn sich China verändert, muss sich auch unser Umgang mit China verändern", betonte Scholz.

Der Kanzler bricht am Donnerstag zu einem nur elfstündigen Besuch in Peking auf. Dort wird er Präsident Xi Jinping treffen - als erster westlicher Regierungschef seit dessen Wiederwahl zum Parteichef.

Der Kanzler sprach sich in dem Zeitungsbeitrag gegen eine wirtschaftliche Entkopplung von China aus. Einseitige Abhängigkeiten müssten aber abgebaut werden. "Wo riskante Abhängigkeiten entstanden sind - etwa bei wichtigen Rohstoffen, manchen seltenen Erden oder bestimmten Zukunftstechnologien -, stellen unsere Unternehmen ihre Lieferketten nun zu Recht breiter auf. Wir unterstützen sie dabei, zum Beispiel durch neue Rohstoff-Partnerschaften."

Scholz kündigte an, bei seinen Gesprächen mit der chinesischen Führung "schwierige Themen" nicht ausklammern zu wollen. "Hierzu zählt die Achtung bürgerlicher und politischer Freiheitsrechte sowie der Rechte ethnischer Minderheiten etwa in der Provinz Xinjiang." Das Menschenrechtsbüro der Vereinten Nationen wirft der chinesischen Führung Unterdrückung der überwiegend muslimischen Uiguren in Xinjang vor. Die Regierung in Peking weist die Vorwürfe zurück.

Beunruhigt äußerte sich Scholz zur angespannten Lage rund um Taiwan. "Wie die USA und viele andere Staaten verfolgen wir eine Ein-China-Politik. Dazu gehört aber, dass eine Veränderung des Status quo nur friedlich und in gegenseitigem Einvernehmen erfolgen darf." China betrachtet das 23 Millionen Einwohner zählende Taiwan als Teil der Volksrepublik und lehnt offizielle Kontakte anderer Länder zu Taipeh entschieden ab. Taiwan hingegen sieht sich schon lange als unabhängig an. Xi Jinping hatte auf dem Parteitag erneut mit einer Eroberung der Insel gedroht./mfi/DP/nas