ROSTOW AM DON (dpa-AFX) - Im bislang größten Prozess gegen ukrainische Kriegsgefangene hat die russische Justiz 23 Männer und Frauen zu langen Haftstrafen verurteilt. Das Gericht in der Stadt Rostow am Don legte ihnen die Zugehörigkeit zum Bataillon Asow der ukrainischen Nationalgarde zur Last, wie die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass meldete. Die Strafen ergingen wegen versuchtem Umsturz und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung.

Bei der Eroberung der südukrainischen Hafenstadt Mariupol durch russische Truppen in den ersten Kriegsmonaten 2022 hatte Asow bis zuletzt Widerstand geleistet. Die Einheit ist in Russland als Terrororganisation eingestuft wegen angeblicher Verbindungen zu Rechtsextremen. Diese Kräfte spielten in der Gründungszeit von Asow 2014 eine Rolle, später wurde die besonders kampfstarke Freiwilligeneinheit in die Nationalgarde eingegliedert.

Im Gerichtssaal waren nur zwölf Angeklagte anwesend, die zu 13 bis 23 Jahren strenger Lagerhaft verurteilt wurden. Elf Angeklagte, darunter neun Frauen, wurden in Abwesenheit verurteilt. Sie sind bereits durch Austausch in die Ukraine entlassen worden. Ein Mann starb vor Prozessende in Haft.

Berichte über Folter und erpresste Geständnisse

Die Freigelassenen berichteten, dass sie in Gefangenschaft seit 2022 gefoltert und zu Geständnissen erpresst worden seien. Das russische Bürgerrechtsportal "Mediazona" schrieb unter Berufung auf Prozessbeobachter, nur ein Teil der Angeklagten seien tatsächlich Soldaten gewesen. Andere seien bei Asow ausgeschieden oder als Fahrer, Köchinnen, Lagerverwalter oder Hilfsarbeiter beschäftigt gewesen. Einige wurden gefangengenommen beim Versuch, das besetzte Mariupol zu verlassen, oder wurden von Nachbarn denunziert.

Die ukrainische Führung um Präsident Wolodymyr Selenskyj bemüht sich, möglichst alle Asow-Gefangenen freizutauschen. In Russland drohen ähnliche Prozesse gegen ukrainische Soldaten, die im russischen Gebiet Kursk in Kriegsgefangenschaft geraten sind. Auch sie sollen wegen Terrorismus angeklagt werden./fko/DP/jha