MOSKAU (dpa-AFX) - In Russland hat der prominente Außenpolitiker Leonid Sluzki entsetzt auf den Haftbefehl des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag gegen Kremlchef Wladimir Putin wegen Kriegsverbrechen in der Ukraine reagiert. "Solche Anschuldigungen sind einfach ungeheuerlich, sie fallen nicht einmal unter die Definition von "absurd"", teilte Sluzki am Freitag kurz nach Bekanntwerden der Nachricht aus Den Haag mit.

Bis dahin hatten russische Nachrichtenagenturen noch nicht einmal über den Haftbefehl berichtet. Sluzki, der Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses der Staatsduma ist, wagte sich als einer der ersten Politiker aus der Deckung.

Ein Haftbefehl erging auch gegen die russische Kinderschutzbeauftragte, Maria Lwowa-Belowa, wegen der mutmaßlichen Deportation von Kindern aus dem Kriegsgebiet. Sluzki sagte, dass es der Beamtin und den russischen Behörden gelungen sei, "eine große Anzahl von Kindern zu retten, von denen viele ihr Zuhause, ihre Eltern verloren oder während des Beschusses durch ukrainische Neonazis verletzt wurden. Und jetzt haben sie eine Zukunft in ihrem Land, in Russland."

Dagegen wirft die Ukraine dem Machtapparat in Moskau eine gewaltsame Verschleppung und eine "Russifizierung" der Mädchen und Jungen vor. Auch Menschenrechtsorganisationen hatte Deportationen beklagt.

Sluzki sagte, dass sich der Gerichtshof in Den Haag politisch instrumentalisieren lasse vom Westen und sich nun bloßstelle durch diesen Schritt. Rechtlich habe das für Russland keine Bedeutung, weil Moskau das Gericht nicht anerkenne. Es gehe um eine "propagandistische Wirkung im Westen". Das Gericht solle vielmehr einen Haftbefehl gegen den "ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und seine Bande" sowie gegen seine "westlichen Beschützer" ausstellen. "Sie sind die wahren Kriegsverbrecher."

Unabhängige russische Medien kommentierten, dass durch den Haftbefehl Putins Reisemöglichkeiten eingeschränkt werden können. Viele Länder, darunter auch Verbündete Russlands, erkennen die Zuständigkeit des Weltstrafgerichts an und haben das entsprechende Statut ratifiziert. "Im Fall eines Besuchs Putins in einem dieser Länder, werden die örtlichen Behörden ihn verhaften müssen", sagte der Anwalt Sergej Golubok dem Portal MO./mau/DP/nas