DEN HAAG (dpa-AFX) - Der Internationale Strafgerichtshof hat wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen in der Ukraine Haftbefehl gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin erlassen. Das teilte das Gericht am Freitag in Den Haag mit. Putin sei mutmaßlich verantwortlich für die Deportation ukrainischer Kinder aus besetzten Gebieten nach Russland. Einem entsprechenden Antrag des Chefanklägers Karim Khan auf Ausstellung eines Haftbefehls hatten die Richter stattgegeben.

Es ist der erste Haftbefehl, den das Gericht im Zusammenhang mit mutmaßlichen Kriegsverbrechen in der Ukraine erlassen hat. Das Gericht erließ auch einen Haftbefehl gegen Maria Lwowa-Belowa, die russische Beauftragte für Kinderrechte. Auch ihr werden Kriegsverbrechen im Zusammenhang mit der Deportation ukrainischer Kinder zur Last gelegt.

Putin soll als Befehlshaber zur Verantwortung gerufen werden. Er habe seine zivilen oder militärische Untergebenen unzureichend kontrolliert, wird der Verdacht begründet. Der genaue Text der Haftbefehle wird nicht veröffentlicht, um Opfer und Zeugen zu schützen, wie das Gericht mitteilte.

Es ist aber unwahrscheinlich, dass Putin tatsächlich auch vor dem Gericht in Den Haag erscheinen wird. Russland erkennt das Gericht nicht an. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, hatte erst am Donnerstag in einer Pressekonferenz zu möglichen Haftbefehlen gegen Russen gesagt: "Mit dem Organ arbeitet Russland nicht zusammen. Und mögliche Haft-"Rezepte", die von dem Internationalen Gericht ausgehen, sind für uns juristisch nichtig." Die Entscheidungen des Gerichts hätten keine Bedeutung für Russland. Das Gericht darf außerdem keine Prozesse in Abwesenheit der Angeklagten führen.

Obgleich die Ukraine das Römische Statut des Internationalen Gerichtshofs nicht ratifiziert hat, erkennt Kiew die Befugnis der Richter für seit 2014 auf ukrainischem Staatsgebiet verübte Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen gegen die Ukraine an. 2015 übergab der ukrainische Außenminister Pawlo Klimkin in Den Haag eine entsprechende Erklärung. Kurz nach Ausbruch des Krieges hatte Chefankläger Khan bereits Ermittlungen in der Ukraine aufgenommen./ab/DP/nas