STRASSBURG (dpa-AFX) - Als Antwort auf ein milliardenschweres US-Subventionsprogramm sollen Staatshilferegeln in der EU bald vereinfacht werden. Im Januar werde die EU-Kommission einen neuen Rahmen für Beihilfen vorstellen, kündigte Kommissionschefin Ursula von der Leyen am Mittwoch im Europaparlament an. "Wir müssen dafür sorgen, dass Investitionsbeihilfen und Steuergutschriften die betroffenen Sektoren leichter und schneller erreichen." Die Kommission ist in der EU dafür zuständig, Staatshilfen für Unternehmen zu prüfen und etwa zu untersuchen, ob sie den Wettbewerb verzerren.

Beim US-Programm, das offiziell Gesetz zur Verringerung der Inflation (IRA) genannt wird, handelt es sich um einen Investitionsplan im Umfang von rund 369 Milliarden Dollar (349 Mrd Euro), mit dem auch die Erzeugung umweltfreundlicher Energie ausgebaut werden soll. Subventionen und Steuergutschriften sind daran geknüpft, dass Unternehmen US-Produkte verwenden oder in den USA produzieren. In der EU wird es deswegen als diskriminierend angesehen. Es gibt Zweifel, ob die US-Subventionen mit den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) vereinbar sind. Nach heftigem Streit mit London über die gemeinsamen Handelsbeziehungen ist dies der nächste große Disput mit einem eigentlich engen Partner der EU.

Von der Leyen betonte am Mittwoch: "Wir müssen unsere Antwort geben, unseren europäischen IRA." Die EU-Kommission versucht derzeit noch, über Verhandlungen Zugeständnisse der US-Amerikaner zu erreichen. Sollte die EU ihr eigenes Programm auflegen, so wird befürchtet, könnten sich die EU und USA im Wettbewerb um Arbeitsplätze und Klimatechnologien ein teures Subventionswettrennen liefern, bei dem am Ende beide Seiten verlieren könnten. Dabei gibt es auch Zweifel, ob gelockerte EU-Regeln mit WTO-Vorgaben vereinbar wären. Zudem müssen die EU-Staaten in die Debatte einbezogen werden. Die Beziehungen zu den USA stehen auch beim EU-Gipfel an diesem Donnerstag auf der Tagesordnung.

Die einflussreiche EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager sprach am Mittwoch für einen "wahrlich europäischen Fonds" aus, durch den Unternehmen subventioniert werden könnten. Staatliche Beihilfe hinge davon ab, wie tief die Taschen der EU-Staaten seien, weswegen es wichtig sei, einen europäischen Fonds zu haben. Auch Industriekommissar Thierry Breton unterstützt eine EU-Lösung. Auf Twitter schrieb er zuletzt: "Nur gemeinsam - als Europäer - können wir diesen Wettbewerbsschock bewältigen und Erfolg beim grünen und digitalen Wandel haben."

In der Bundesregierung sieht man einen EU-Topf für Unternehmensbeihilfe dagegen kritisch. So betonte Finanzminister Christian Lindner jüngst, dass er mehr Flexibilität bei Staatshilfen begrüße. Er fürchtet aber, dass ein europäischer Fonds dazu dienen könnte, dass auf EU-Ebene neue Schulden aufgenommen werden könnten.

Doch der Druck aus Brüssel steigt. So hatte sich von der Leyen bereits am Montag dafür ausgesprochen, den langfristigen EU-Haushalt bis 2027 zu überarbeiten und so die Tür für einen Solidaritätsfonds zu öffnen. Deutschland ist als größter EU-Nettozahler bislang strikt gegen eine Aufstockung des in äußerst mühsamen Verhandlungen vereinbarten EU-Budgets für die Jahre 2021-2027.

Aus dem Europaparlament kamen gemischte Reaktionen. Der Sprecher der deutschen Grünen im Europaparlament, Rasmus Andresen, begrüßte die Pläne der Kommission explizit. Er forderte einen mit Hunderten Milliarden Euro ausgestatteten Fonds. Markus Ferber, CDU/CSU-Wirtschaftsexperte im EU-Parlament, teilte mit: "Die Kommission hat jede finanzielle Vernunft längst abgelegt." Mit einem eigenen Subventionsfonds mache man sich für WTO-Klagen angreifbar./mjm/DP/jha