ELLWANGEN (dpa-AFX) - Der kriselnde Batteriehersteller Varta plant nach den zuletzt schwachen Geschäften für das kommende Jahr wieder mit einem spürbaren Umsatzwachstum. Hoffnung macht sich das Unternehmen dank einer anziehenden Nachfrage nach Batteriespeichern, aber auch die jüngst sehr enttäuschenden Lithium-Ionen-Knopfbatterien sollen sich wieder beleben. Derweil mache das Sparprogramm Fortschritte, und auch im zweiten Halbjahr erwartet sich Varta mehr Schwung durch saisonale Effekte und anlaufende Kundenprojekte. "Hinter uns liegt eine herausfordernde Zeit und wir haben noch viel Arbeit vor uns", sagte Chef Markus Hackstein. Die Aktie legte am Freitag zu.

Der Kurs stand nach Handelsstart mit 4,2 Prozent bei 20,06 Euro im Plus und baute damit seine Vortagsgewinne aus. Das Papier hat nach seinem rasanten Aufschwung bis ins Jahr 2021 hinein allerdings eine ebenso rasante Talfahrt hinter sich. Auf dem Rekordhoch im Januar 2021 war die Aktie über 180 Euro wert.

Sorgen um Billigkonkurrenz aus Asien, eine Nachfrageflaute infolge der Verbraucherzurückhaltung und hohe Energie- und Materialkosten haben dem Unternehmen schwer zugesetzt. Varta sah sich im Frühjahr zu einem Umbau gezwungen und kündigte infolge eines Sparprogramms die Streichung von weltweit rund 800 Stellen an. Bereits im vergangenen Jahr fiel unter anderem wegen hoher Abschreibungen ein deftiger Verlust an.

Nun fasst das Management um Hackstein aber wieder etwas mehr Zuversicht. So soll der Erlös 2024 dank anziehender Nachfrage insbesondere bei Batteriespeichern auf mindestens 900 Millionen Euro steigen, wie das Unternehmen in Ellwangen mitteilte. Analysten hatten zuletzt im Schnitt knapp 920 Millionen auf dem Zettel. Für dieses Jahr hat Varta mit rund 820 Millionen Euro nur noch ein Plus gegenüber dem Vorjahr von etwa 1,6 Prozent einkalkuliert, vor allem weil die Nachfrage nach kleinen wiederaufladbaren Lithium-Ionen-Knopfbatterien schwach ist.

Im ersten Halbjahr fuhr Varta weiter tiefrote Zahlen ein, der Nettoverlust lag bei 110,4 Millionen Euro. Vor einem Jahr hatte das Unternehmen noch einen kleinen Gewinn von 2,8 Millionen Euro ausgewiesen. Neben Umbaukosten für den Stellenabbau fielen Abschreibungen auf die Knopfzellensparte an, weil die Geschäfte nicht so liefen wie ursprünglich erwartet. Außerdem musste Varta mehr und höhere Zinsen für die steigende Verschuldung zahlen.

Probleme im Tagesgeschäft macht vor allem die Sparte mit den wiederaufladbaren Lithium-Ionen-Knopfzellen, die mit dem Boom von kabellosen Kopfhörern auch Varta starkes Wachstum beschert hatten. Varta beliefert mit diesen Batterien unter anderem die Elektronikriesen Samsung und Apple. Die wegbrechende Kauflust der Verbraucher infolge hoher Inflation und schwieriger Konjunkturlage fiel damit auch auf Varta zurück, der Erlös in dem Bereich sackte um drei Viertel ab. Hauptgrund sei, dass der Hauptkunde in dem Segment wegen der schwachen Nachfrage die Mengen deutlich reduziert habe, hieß es von Varta.

Auch bei Haushalts- und Hörgerätebatterien ging der Umsatz zurück. Die Sparte mit Batteriespeichern hingegen verdoppelte den Umsatz nahezu dank eines hohen Auftragsbestands und einer weiter hohen Nachfrage nach Heimspeichern. Das Geschäft mit Batterien für Solaranlagen, Wallboxen und Großspeichern richtet sich an Privat- und Gewerbekunden. Varta will die Sparte ausbauen und errichtet derzeit eine neue Fabrik, die Ende 2023 erste Module fertigen soll.

Varta hatte bereits im Juli Eckdaten vorgelegt und dabei die Prognosen für 2023 erneut gesenkt. Der Gesamtumsatz fiel in den ersten sechs Monaten um zehn Prozent auf 339 Millionen Euro. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen lag bei minus 6,8 Millionen Euro - ein Jahr zuvor war es noch ein operativer Gewinn von 68,9 Millionen Euro gewesen./men/jcf/jha/