DÜSSELDORF (dpa-AFX) - Bei dem vor der Verstaatlichung stehenden Energiekonzern Uniper häufen sich durch die gestiegenen Gaspreise die Verluste. Für das dritte Quartal werde ein deutlich negatives Ergebnis erwartet, teilte der größte Gasimporteur in Deutschland überraschend am Dienstagabend in Düsseldorf mit. Der Konzern muss wegen der russischen Lieferbeschränkungen seit Monaten teureres Gas am Markt einkaufen, um seine vertraglichen Verpflichtungen erfüllen zu können. Die Verluste zehren am Eigenkapital. Uniper zeigte nun den Verlust von mehr als der Hälfte des Grundkapitals an. Das Aktienrecht zwingt den Konzern damit zur Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung. Diese soll in der zweiten Dezemberhälfte stattfinden. Dann will das Management über den Verlust informieren und die Lage erläutern.

Die Uniper-Aktie reagierte am Mittwochmorgen negativ auf die Neuigkeiten. Sie war mit rund vier Prozent Abschlag zweitgrößter Verlierer im Nebenwerte-Index SDax . An der Börse hieß es, das Papier sei "uninvestierbar". Für die Analysten von der US-Bank JPMorgan kommen die Milliardenverluste derweil nicht überraschend. Im Gegenteil: Sie rechnen für das vierte Quartal mit weiteren Verlusten, da die Bundesregierung die Gasumlage gestrichen hat und Uniper deshalb bis auf Weiteres die Ersatzbeschaffungskosten tragen muss.

Laut dem Geschäftsbericht 2021 belief sich Unipers Grundkapital zum vergangenen Jahreswechsel auf 622,1 Millionen Euro. Nach dem Aufzehren sämtlicher Kapital- und Gewinnrücklagen durfte der weitere Verlust entsprechend gut 311 Millionen Euro nicht überschreiten. Bei der Bekanntgabe dieser Information handele es sich um einen formalen Akt, der im Kontext der aktuellen Lage für Uniper nicht überraschend komme, teilte ein Sprecher auf Nachfrage mit. "Wir verlieren in Folge der fehlenden Gaslieferungen aus Russland nach wie vor jeden Tag Millionen Euro durch Ersatzbeschaffungskosten."

Er verwies auf die erzielte Einigung mit der Bundesregierung auf ein Stabilisierungspaket. Dieses steht allerdings noch unter dem Vorbehalt regulatorischer Freigaben und der Zustimmung der Aktionäre. Deshalb steht bei Uniper noch eine weitere Hauptversammlung ins Haus. Es sei durchaus möglich, dass beide Veranstaltungen auf den gleichen Termin fallen und dann gegebenenfalls zu einer Hauptversammlung verbunden werden könnten, sagte der Sprecher.

Die Bundesregierung, Uniper und dessen bisheriger Mehrheitsaktionär Fortum hatten sich vor einem Monat auf eine weitgehende Verstaatlichung von Uniper verständigt. Dabei ist unter anderem eine Kapitalerhöhung sowie der Erwerb der Uniper-Anteile von Fortum vorgesehen. Anschließend soll der Bund etwa 98,5 Prozent der Anteile an Uniper besitzen.

Der Düsseldorfer Konzern ist wegen des russischen Gas-Lieferstopps in Schieflage geraten. Der Gas-Großhändler mit einer starken Abhängigkeit von Russland ist Lieferant für über 100 Stadtwerke und große Unternehmen und spielt damit eine zentrale Rolle für die Erdgasversorgung von Deutschland. Das aus Russland fehlende Gas muss sich das Unternehmen jetzt teurer auf dem Gasmarkt kaufen. Zuletzt hatte Uniper von täglichen Verlusten von über 100 Millionen Euro gesprochen.

Entsprechend negativ dürfte das dritte Quartal von Uniper ausfallen, und das Management prognostiziert auch für die kommenden Monate Verluste. Ende des dritten Quartals werde das Eigenkapital des Konzerns deshalb mit einem nichtoperativen Bewertungseffekt in zweistelliger Milliardenhöhe belastet, hieß es.

Für die ersten neun Monate erwartet Uniper einen bereinigten operativen Verlust vor Zinsen und Steuern (Ebit) von 4,8 Milliarden Euro. Ein Jahr zuvor hatte der Konzern hier noch einen Gewinn von 614 Millionen erzielt. Das bereinigte Nettoergebnis beläuft sich vorläufigen Zahlen zufolge auf minus 3,2 Milliarden Euro nach einem Gewinn von 487 Millionen im Vorjahr. Die endgültigen Zahlen will Uniper wie geplant am 3. November vorlegen.

Bereits zum Halbjahr hatte sich Unipers Nettoverlust auf 12 Milliarden Euro summiert. Mit 6,5 Milliarden Euro stand davon mehr als die Hälfte im Zusammenhang mit erwarteten künftigen Unterbrechungen der Gaslieferungen. Weitere Belastungen waren unter anderem Abschreibungen, etwa auf die Pipeline Nord Stream 2. Seitdem hat sich die Lage weiter zugespitzt: Mittlerweile liefert Russland gar kein Gas mehr nach Deutschland und der Gaspreis war zeitweise auf Höchststände gestiegen./lew/stw/jha/