MAILAND/FRANKFURT (dpa-AFX) - Die italienische Großbank Unicredit baut ihre Beteiligung an der Commerzbank auch ohne weitere Aktien vom Staat kräftig aus. Mit dem Kauf von Finanzinstrumenten stockte das Institut seinen rechnerischen Anteil von zuletzt 9 Prozent auf rund 21 Prozent auf, wie es am Montagmittag in Mailand mitteilte. Die zusätzlichen Aktien machen die Unicredit zum größten Anteilseigner der Commerzbank - noch vor dem Bund. Dabei ließ Unicredit-Chef Andrea Orcel offen, ob er eine Übernahme des Frankfurter Geldhauses wagt - oder die Anteile irgendwann wieder abstößt.

Das weitere Vorgehen hänge von den Ergebnissen der Gespräche mit Vorstand und Aufsichtsrat der Commerzbank sowie weiteren Beteiligten in Deutschland ab, schrieb die Unicredit. Sie habe ihr wirtschaftliches Engagement so abgesichert, dass sie ihre Beteiligung mit begrenztem Abschlag wieder verkaufen könne. Die Commerzbank wollte den jüngsten Schritt am Montag auf Nachfrage nicht kommentieren.

Um den Anteil auf mehr als 10 Prozent zu erhöhen, benötigen die Italiener noch die Genehmigung der Europäischen Zentralbank (EZB). Der entsprechende Antrag sei wie angekündigt eingereicht worden, hieß es weiter. Mit einer Genehmigung hätte die Unicredit freie Bahn, ihre Beteiligung bis auf 29,9 Prozent zu erhöhen. Ab 30 Prozent müsste das Mailänder Institut ein öffentliches Übernahmeangebot für alle Commerzbank-Aktien abgeben.

Vom Bund als Großaktionär können die Italiener vorerst keine Unterstützung erwarten. Nachdem der deutsche Staat am 11. September 4,5 Prozent der Commerzbank-Aktien auf einen Schlag an die Unicredit verkauft hatte, will er seine restliche Beteiligung von 12 Prozent bis auf Weiteres behalten, wie die Finanzagentur des Bundes am Freitagabend mitgeteilt hatte. Die Regierung wollte die Beteiligung eigentlich schrittweise verkaufen - wurde aber dann vom Einstieg der Unicredit überrumpelt.

Der Bund war seit vielen Jahren größter Anteilseigner der Commerzbank, nachdem er das Geldhaus in der Finanzkrise 2008/2009 mit Milliardensummen vor dem Untergang gerettet hatte. Mit dem Stopp weiterer Anteilsverkäufe will die Regierung den Plan der Commerzbank stützen, als eigenständiges Institut bestehen zu bleiben.

Die Unicredit hatte vor fast zwei Jahrzehnten die Hypovereinsbank (HVB) aus München übernommen. Im Laufe der Zeit hat sie ihre deutsche Tochter immer weiter geschrumpft und in den Konzern integriert. Inzwischen firmiert die HVB nicht mehr als Aktiengesellschaft, sondern nur noch als Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH).

Die Gewerkschaft Verdi und der Gesamtbetriebsrat der Commerzbank haben vom Bund Widerstand gegen eine Übernahme durch die Italiener gefordert. Bei einem Deal mit der Unicredit könnten zwei Drittel der Arbeitsplätze wegfallen, sagte der Vorsitzende des Commerzbank-Gesamtbetriebsrats, Uwe Tschäge, vergangene Woche.

An der Börse kamen die Neuigkeiten vom Montag allerdings gut an. Noch am Morgen hatte die Commerzbank-Aktie zeitweise mehr als sechs Prozent eingebüßt, nachdem der Bund seine Anteilsverkäufe bis auf Weiteres gestoppt hatte. Nach der Nachricht vom Mittag machte das Papier seine Kursverluste hingegen wett und wurde mit 15,655 Euro zuletzt etwa so teuer gehandelt wie zum Börsenschluss vom Freitag.

Vergangenen Mittwoch hatte die Aktie mit 16,03 Euro den höchsten Kurs seit dem Jahr 2012 erreicht. Nun wird sie fast ein Viertel über dem Schlusskurs vom 10. September gehandelt - dem Tag vor dem Einstieg der Unicredit. Seit Jahresbeginn hat das Papier rund 45 Prozent an Wert gewonnen und liegt damit auf einem der vorderen Plätze im deutschen Leitindex. Sein Rekordhoch von knapp 280 Euro aus der Zeit um die Jahrtausendwende ist jedoch meilenweit entfernt./stw/als/zb/stk