HANNOVER (dpa-AFX) - Etliche Paare in Deutschland stellen laut einer neuen Umfrage Kinderwünsche wegen unzureichender Betreuungsmöglichkeiten zurück. In der neuen Ausgabe der jährlichen Studie des Versicherers HDI sagte ein Fünftel der 3.748 bundesweit befragten Männer und Frauen, dass sie deswegen den Kinderwunsch allgemein oder den Wunsch nach weiteren Kindern hintenan gestellt hätten.

Die Unzufriedenheit mit der Kinderbetreuung ist demnach hoch: 1.314 der Befragten waren selbst Eltern mit Kindern unter 18. Knapp die Hälfte (49 Prozent) dieser befragten Eltern hält demnach das Angebot an Kinderbetreuung in Deutschland für "gar nicht" oder "weniger" gut.

Viele Eltern empfinden Kinder als Karrierenachteil

Das Umfrageinstitut Yougov befragte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Auftrag der Versicherung im Juni und Juli, die Erhebung war laut HDI repräsentativ nach Alter und Geschlecht in allen Bundesländern.

Deutlich wird auch, dass viele der befragten Eltern Kinder als Karrierenachteil empfinden: 43 Prozent sagten, dass in ihrem jeweiligen Unternehmen Beschäftigte, die sich um ihre Kinder kümmern müssten, schlechtere Aufstiegschancen hätten. Darüber hinaus beklagten 44 Prozent, dass sich ihr Arbeitgeber nicht ausreichend um Kinderbetreuung für die Belegschaft kümmere. Und gut vier von zehn befragten Eltern sagten auch, dass sie gern länger arbeiten würden, wenn es die entsprechende Kinderbetreuung gäbe.

Frauen Hauptleidtragende

"Besonders betroffen sind Frauen, die aufgrund der nach wie vor ungleichen Verteilung der Betreuungsarbeit häufig in Teilzeit arbeiten oder ihre Karriereziele aufgeben müssen", sagte Michaela Engelmeier, die Vorstandsvorsitzende des Sozialverbands Deutschland. Flächendeckende und verlässliche Kinderbetreuung sei unerlässlich, um Chancengleichheit zu fördern und gleichzeitig die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu gewährleisten.

Häufiger Wunsch nach Teilzeit

Mit dem Ausscheiden der Babyboomer aus dem Arbeitsleben bekomme der Fachkräftemangel in Deutschland eine neue Dimension, sagte HDI-Vorstandschef Jens Warkentin. "Gleichzeitig gelingt es nicht, mit bedarfsgerechten Kinderbetreuungsangeboten diejenigen zu unterstützen, die eigentlich mehr arbeiten wollen."

Jedoch steigt offenkundig vor allem bei den Jüngeren der Wunsch nach Teilzeit: 56 Prozent der unter 45-Jährigen sagten, dass sie gern in Teilzeit arbeiten würden; das waren deutlich mehr als noch in den beiden Vorjahren. Gleichzeitig fürchten viele Befragte negative Auswirkungen von Personalmangel: 42 Prozent der Meinung, dass das Ausscheiden der Babyboomer aus ihrer jeweiligen Firma Gefahr für deren wirtschaftliches Wohlergehen bedeute./cho/DP/men