DUISBURG (dpa-AFX) - Für eine höhere Entlastung energieintensiver Unternehmen beim Strompreis haben am Freitag Tausende Beschäftigte aus der Stahl-, Metall- und Chemieindustrie demonstriert. Die Gewerkschaften IG Metall und IG BCE hatten zu einem bundesweiten "Aktionstag" aufgerufen. Unter dem Motto "Brückenstrompreis jetzt" forderten sie die Bundesregierung auf, den Strompreis für die betroffenen Betriebe befristet auf fünf Cent pro Kilowattstunde zu deckeln. Andernfalls drohten Stellenabbau und eine Verlagerung der Produktion. Das vor zwei Wochen vorgestellte Strompreispaket der Ampel-Koalition bewerten die Gewerkschaften als unzureichend.

In Duisburg beteiligten sich nach Angaben der IG Metall rund 10 000 Menschen an einer Kundgebung vor dem Stahlwerk von Thyssenkrupp . In Berlin kamen demnach rund 2000 Beschäftigte vor dem Bundesfinanzministerium zusammen. Kundgebungen gab es unter anderem auch im sächsischen Gröditz und im baden-württembergischen Kehl.

"Die energieintensive Industrie braucht für die Transformation grünen Strom zu wettbewerbsfähigen Preisen", sagte IG-BCE-Chef Michael Vassiliadis in Duisburg. Daran habe sich auch nach dem Karlsruher Urteil nichts geändert. "Die Politik muss sich über Parteigrenzen hinweg ehrlich machen: Der klimagerechte Umbau unserer Wirtschaft ist nicht aus der Portokasse zu bezahlen." Es brauche einen Konsens, dass Investitionen von der Schuldenbremse auszunehmen seien.

"Die Folgen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum Haushalt sind fatal für eine klimaneutrale Zukunft", sagte die IG-Metall-Vorsitzende Christiane Benner in Duisburg. "Mehr denn je braucht es jetzt ein klares Signal für einen grünen Wandel, ein klares Signal für die Zukunft unserer Industrie." Dafür müsse die Politik umgehend sorgen. "Die Beschäftigten brauchen klare Perspektiven für die Transformation hin zu einer grünen, digitalen Wirtschaft." Die Schuldenbremse müsse ausgesetzt und reformiert werden.

Kritik auch von Unternehmen

"Die Schuldenbremse ist eine Zukunftsbremse", sagte der 2. IG-Metall-Vorsitzende Jürgen Kerner in Berlin. Der grüne Umbau der Industrie sei ein Jahrhundertprojekt, von dem nicht weniger als der Wohlstand in Deutschland abhänge. "Alle politischen Kräfte müssen jetzt Verantwortung übernehmen und die Finanzierung der Transformation sicherstellen."

Die Forderungen werden von betroffenen Unternehmen wie dem Stahlhersteller ArcelorMittal unterstützt. Der Konzern mit Standorten in Bremen, Hamburg, Duisburg und Eisenhüttenstadt hat für milliardenschwere Transformationsprojekte Fördermittel beantragt, im Gegensatz zu den Konkurrenten Thyssenkrupp und Salzgitter aber noch keine rechtssichere Förderzusage erhalten. Man sei besorgt, dass die Förderbescheide "und damit eine Perspektive für unsere industrielle Produktion in Deutschland im Sinne der Transformation" fehlten, erklärte Geschäftsführer André Körner laut Mitteilung. "Das Handeln der Politik - der Regierung sowie der Opposition - in dieser Art und Weise ist grob fahrlässig." Es drohe ein Schaden für den Standort Deutschland./tob/DP/jha