RAHWAY (dpa-AFX) - Der US-Pharmakonzern Merck & Co kann den schwindenden Umsatz mit seinem Covid-Medikament Lagevrio besser abfedern als gedacht. Ein starkes Krebsgeschäft und eine kräftig angezogene Nachfrage nach der HPV-Impfung Gardasil sorgten bei den Amerikanern für ein überraschend starkes erstes Quartal. Das Management um Konzernchef Robert Davis nahm dies am Donnerstag zum Anlass für eine Erhöhung der Jahresprognose.

An der Wall Street kamen die Zahlen und die neuen Ziele gut an: Die Aktie des Konzerns legte im vorbörslichen Handel zuletzt um mehr als zwei Prozent zu.

Während der Pandemie waren viele Krebs-Behandlungen auf Eis gelegt worden - oftmals wegen zu geringer Kapazitäten in den Krankenhäusern, aber auch aus Furcht vor einer Ansteckung der oft immungeschwächten Kranken mit Covid-19. Mit dem Abflauen der Pandemie werden inzwischen jedoch wieder mehr Krebspatienten therapiert.

Diese Entwicklung wirkte sich auch beim Hersteller Merck & Co positiv aus, der außerhalb der USA als MSD agiert. Sein wichtigstes Krebsmedikament Keytruda wurde wieder häufiger verschrieben, sodass die Immuntherapie ein Umsatzwachstum von einem Fünftel auf 5,8 Milliarden Dollar verbuchte. Der Erlös mit der Impfung Gardasil gegen das potenziell krebserregende humane Papillomvirus (HPV) kletterte gar um 35 Prozent auf 2 Milliarden Dollar.

Damit stehen beide Mittel für mehr als die Hälfte der gesamten Konzernerlöse, die im vergangenen Quartal jedoch mit 14,5 Milliarden Dollar neun Prozent niedriger lagen als ein Jahr zuvor. Verantwortlich für diesen Rückgang waren die gesunkenen Verkäufe des Covid-Medikaments Lagevrio. Denn im Einklang mit der gesamten Branche ist auch für Merck & Co die Sonderkonjunktur durch Corona langsam vorbei.

Lagevrio spülte dem Konzern im Auftaktquartal lediglich noch 392 Millionen Dollar in die Kassen und somit 88 Prozent weniger als vor einem Jahr. Damals hatten die USA und Großbritannien noch in großem Stil bei dem Konzern bestellt. Auch in Japan und Australien seien die Verkäufe zurückgegangen, hieß es. Hinzu kommt, dass das Medikament in Europa nach seiner Notfallzulassung während der Pandemie aufgrund von Bedenken hinsichtlich seines Nutzens keine reguläre Marktgenehmigung erhalten hat. In Deutschland etwa durfte das Mittel mit dem Wirkstoff Molnupiravir bereits seit Ende Februar nicht mehr verordnet und abgegeben werden.

Merck & Co rechnet für dieses Jahr zwar unverändert mit einer deutlichen Umsatzerosion bei Lagevrio von zuvor rund 5,7 Milliarden auf nur noch eine Milliarde Dollar, traut sich aber dank des florierenden Basisgeschäfts insgesamt mehr zu. So soll der Konzernerlös nun bei 57,7 bis 58,9 Milliarden US-Dollar herauskommen, wie der US-Pharmakonzern in Rahway im US-Bundesstaat New Jersey mitteilte. Zuvor hatte das Management noch einen Rückgang auf 57,2 bis 58,7 Milliarden Dollar avisiert, nachdem der Konzern 2022 auch dank des starken Umsatzwachstums von Lagevrio knapp 59,3 Milliarden Dollar erzielt hatte.

Der um Sondereffekte bereinigte Gewinn je Aktie (EPS) soll jetzt im Gesamtjahr bei 6,88 bis 7,00 Dollar liegen. Im Vorjahr hatte er 7,48 Dollar erreicht. Im vergangenen Quartal war diese Kennziffer um mehr als ein Drittel auf 1,40 Dollar zurückgegangen, Analysten hatten aber ähnlich wie beim Umsatz mit schlechteren Zahlen gerechnet. Unter dem Strich blieben dem Konzern in den drei Berichtsmonaten bis Ende März gut 2,8 Milliarden Dollar Gewinn, das waren 35 Prozent weniger als noch vor einem Jahr.

Merck & Co hatte erst zu Monatsbeginn die fast elf Milliarden Dollar schwere Übernahme von Prometheus Bioscience angekündigt, um seine Pipeline für Immunkrankheiten zu stärken. Das Geschäft wird voraussichtlich im dritten Quartal abgeschlossen, ist im aktuellen Ausblick aber noch nicht enthalten./tav/stw/he