TEHERAN (dpa-AFX) - Die Klettersportlerin Elnas Rekabi ist nach ihrem plötzlichen Verschwinden bei den Asienmeisterschaften in Seoul begeistert in Teheran empfangen worden. Wie die iranische Nachrichtenagentur Tasnim berichtete, traf die 33-Jährige am Mittwochmorgen in der Hauptstadt Teheran ein. Im Finale der Asienmeisterschaften in Südkorea hatte Rekabi für Wirbel gesorgt, weil sie ohne Kopftuch antrat.

Zahlreiche Bilder in den sozialen Medien zeigten, wie sie Menschen am Flughafen Teheran willkommen hießen und ihre Aktion bejubelten. Die Videos konnten zunächst nicht unabhängig verifiziert werden. Ihre Aktion in Seoul wurde von vielen als Solidarität mit den systemkritischen Protesten im Iran betrachtet. Für Sportlerinnen der iranischen Nationalmannschaft ist islamische Kleidung Pflicht. Nach ihrem Auftritt in Seoul verschwand sie plötzlich.

Auslöser der systemkritischen Massenproteste war der Tod der 22 Jahre alten iranischen Kurdin Mahsa Amini. Die Sittenpolizei hatte sie festgenommen, weil sie die Zwangsvorschriften für das Tragen eines Kopftuchs nicht eingehalten haben soll. Die Frau starb am 16. September in Polizeigewahrsam. Seit ihrem Tod demonstrieren landesweit Tausende gegen den repressiven Kurs der Regierung sowie das islamischen Herrschaftssystem.

In einem TV-Interview am Flughafen entschuldigte sich Rekabi dafür, kein Kopftuch getragen zu haben. Es sei "unabsichtlich" geschehen. Demnach entschuldigte sie sich auch für die Sorgen, die sie ausgelöst habe. Beobachter deuten die Entschuldigung als erzwungene Stellungnahme. Die iranischen Behörden üben regelmäßig Druck aus. Persischsprachige Medien berichteten zudem darüber, dass Rekabis Bruder festgenommen worden sein soll.

Medienberichten zufolge hatte Rekabis Team das Hotel am Montagmorgen verlassen. Was dann zunächst mit ihr geschah, ist nicht bekannt. Rekabis Pass und Mobiltelefon sollen beschlagnahmt worden sein, auch von einer Festnahme war die Rede. Die iranische Botschaft in Seoul wies solche Berichte kategorisch zurück.

Das Nationale Olympische Komitee (NOK) des Irans habe dem Internationalen Olympische Komitee (IOC) und dem Weltverband IFSC bei einem Treffen am Mittwoch zugesichert, dass Rekabi "keine Konsequenzen" zu befürchten habe, teilte das IOC mit. Nach Angaben des NOK sei Rekabi inzwischen in den Iran zurückgekehrt und befinde sich bei ihrer Familie in Teheran. Sie dürfe weiter trainieren und an Wettkämpfen teilnehmen, hieß es. Nach dem Treffen in Seoul habe es laut IOC ein Telefongespräch mit Rekabi gegeben. Das Komitee werde die Situation weiter beobachten.

Die Interessengemeinschaft Athleten Deutschland forderte, dass das IOC und der Weltsport Sanktionen gegen den Iran verhängen. Das bedeute auch, dass der Fußball-Weltverband FIFA "konsequent handeln und einen Ausschluss Irans von der WM prüfen" müsse. "Der Weltverband und das IOC müssen nun alles in ihrer Macht Stehende tun, um Rekabis Schutz und Freiheit zu gewährleisten", sagte Johannes Herber, Geschäftsführer der Vereinigung.

Unterdessen will der Iran als Reaktion auf europäische Sanktionen mehr als ein Dutzend Personen und Einrichtungen im Westen auf eine "schwarze Terrorliste" setzen. Dies kündigte Außenminister Hussein Amirabdollahian am Mittwoch in Teheran an. Unklar war zunächst, wer von den Strafmaßnahmen betroffen ist und welche Konsequenzen dies nach sicht zieht.

Die EU hatte am Montag Sanktionen gegen die iranische Sittenpolizei und mehr als ein Dutzend weitere Personen und Organisationen verhängt. Mit den Strafmaßnahmen reagierte die EU auf die gewaltsame Unterdrückung von Protesten im Land. Betroffen waren unter anderem auch Irans Informationsminister Issa Sarepur, die Basidsch-Milizen, sowie das Cyber-Abwehrkommando der Islamischen Revolutionsgarden.

Sarepur warnte am Mittwoch Iranerinnen und Iraner vor einem Einsatz geschützter Netzwerkverbindungen (VPN). Den Verkauf bezeichnete er als illegal, auch wenn er aktuell nicht kriminalisiert werde. Sarepur war am Montag von der EU mit Sanktionen belegt worden, weil er als Informationsminister maßgeblich an der Einschränkung des Internets beteiligt sein soll. Seit den landesweiten Protesten im Iran ist das Internet regelmäßig gestört oder abgeschaltet, auch mehrere beliebte Apps wie Instagram oder Whatsapp wurden gesperrt. Mit den VPN-Verbindungen können die Sperrungen umgangen werden./arb/DP/men