BERLIN (dpa-AFX) - Nach dem Kompromiss der Ampel-Koalition auf die Grundzüge eines Heizungsgesetzes bleiben wichtige Kostenfragen ungeklärt. Der Deutsche Mieterbund befürchtet, dass die Wohnungsmieten als Folge moderner Heizanlagen zusätzlich steigen. Die SPD-Parteichefin Saskia Esken trat Sorgen entgegen: Der Mieterschutz stehe im Vordergrund. Es müsse ein Ausgleich gefunden werden, dass die Investitionskosten nicht sehr schnell auf die Mieter umgelegt werden können, sagte Esken am Mittwoch im ZDF-"Morgenmagazin". Umweltverbände sehen in der Einigung der Koalition einen Rückschritt für den Klimaschutz und warnen vor versteckten Kosten, wenn Heizungseigentümer nun noch Gasheizungen einbauen wollten.

Eine Spitzenrunde von SPD, Grünen und FDP hatte sich auf Änderungen am ursprünglichen Entwurf zum Gebäudeenergiegesetzes geeinigt. Demnach sollen das Gebäudeenergiegesetz und ein Wärmeplanungsgesetz gekoppelt werden und beide zum 1. Januar 2024 in Kraft treten. Wer an ein Fernwärmenetz angeschlossen ist, muss sich keine Gedanken mehr über den Einbau etwa einer Wärmepumpe mehr machen. Eine verpflichtende kommunale Wärmeplanung soll bis spätestens 2028 eingeführt werden. Solange keine kommunale Wärmeplanung vorliegt, sollen beim Tausch auch Gasheizungen eingebaut werden dürfen - wenn sie auf Wasserstoff umrüstbar sind.

Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) will nun die Wärmeplanung mit den Kommunen vorantreiben. "Es ist bereits jetzt ein Gesetzentwurf in Abstimmung mit den Verbänden und den Kommunen zur kommunalen Wärmeplanung. Den werden wir sicherlich noch einmal deutlich vereinfachen müssen", sagte Geywitz am Mittwoch im rbb24 Inforadio.

Der Präsident des Mieterbundes, Lukas Siebenkotten, zeigte sich besorgt über drohende höhere Kosten für Mieter. "Statt die bestehende Modernisierungsumlage endlich sozial gerecht zu reformieren und deutlich abzusenken, soll sogar eine weitere Modernisierungsumlage eingeführt werden", sagte Siebenkotten der Nachrichtenagentur dpa. "Das lässt nichts Gutes erahnen." In den weiteren Verhandlungen müsse es darum gehen, die Fördermittel für Vermieter zu erhöhen und gleichzeitig die Modernisierungsumlage so zu reformieren, dass eine deutliche Energieeinsparung durch den Heizungstausch erreicht werde.

Nach der Einigung der Ampel-Koalition gilt: Falls Vermieter in eine klimafreundliche Heizung investieren und Förderangebote nutzen, sollen sie Anspruch auf eine "weitere Modernisierungsumlage" erhalten

- wenn die Mieter von der Förderung finanziell profitieren.

Der Umweltverband Germanwatch warnte Eigentümer vor Fehlinvestitionen und Kostenfallen. Nach den neuen Plänen solle beim Heizen auf Jahre hinaus ein "Weiter so" erst mit Gas und später mit Wasserstoff möglich sein, sagte der Politische Geschäftsführer Christoph Bals . Das drohe zur Kostenfalle zu werden - durch die stark steigende CO2-Steuer für fossile Brennstoffe und teurem, weil knappen "grünen" Wasserstoff.

Olaf Bandt, Vorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz, kritisierte, "das Gesetz ist aufgeweicht, wird viel zu spät wirksam, und vieles bleibt unklar". Vom Vorhaben, ab 1. Januar 2024 möglichst jede neue Heizung mit erneuerbaren Energien zu betreiben, sei nichts übrig. So könnten die Klimaziele bis 2030 unmöglich erreicht werden: "Mensch und Umwelt wird das teuer zu stehen kommen." Andree Böhling von Greenpeace sagte, wenn zunächst die kommunale Wärmeplanung abgeschlossen werden solle, heiße das: "Bis 2028 werden in den meisten Kommunen weiter klimaschädliche Gasheizungen eingebaut."

Die Deutsche Umwelthilfe sprach von einem Tiefpunkt für die Klimapolitik der Bundesregierung. "Am schwersten wiegt, dass die Wärmewende bei Bestandsgebäuden auf einen Zeitpunkt nach 2028 und damit auf eine nächste Regierung verschoben wird und das sogar bei einem großen Teil der Neubauten, wo es besonders einfach umsetzbar ist", kritisierte Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz. Zudem werde das "Märchen von wasserstofffähigen Gasheizungen aufrechterhalten und die klima- und umweltschädliche Verbrennung von Holz ermöglicht".

Die Energiewirtschaft begrüßte den Kompromiss. "Im Ergebnis passiert jetzt Folgendes: Der erste Schritt wird vor dem zweiten gemacht", sagte Kerstin Andreae, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). "Erst wird die Infrastruktur angeschaut, dann wird über das Haus entschieden. Es wird nicht mehr verlangt, als leistbar ist." Es gebe vernünftige Übergangsfristen. Vom Gesetz seien 40 Millionen Menschen betroffen.

Der FDP-Parteivize Johannes Vogel erwartet nun ein gutes Heizungsgesetz. "Wir müssen bis 2045 klimaneutral werden." Dies funktioniere mit Technologieoffenheit, betonte er. "Also alle Technologien, die das leisten können: die Wärmepumpe, Holz in all seinen Formen, Fernwärme in den Städten, wo es das gibt und hoffentlich bald noch mehr gibt, aber eben auch zum Beispiel mit Biogas und Wasserstoff betriebene Gasheizungen." Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch kritisierte, der ursprünglich von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vorgelegte Gesetzentwurf sei entkernt worden./als/brd/DP/jha