MÜNCHEN (dpa-AFX) - Siemens will sein florierendes Geschäft rund um Digitalisierung und Automatisierung weiter ausbauen. Der Konzern kündigte dafür am Donnerstag Investitionen in neue Fabriken und Forschung in Asien, den USA und Europa an. Damit will der Technologiekonzern sein Wachstumstempo beschleunigen. Siemens-Chef Roland Busch deutete unterdessen in einem Gespräch mit dem "Handelsblatt" an, dass der Vorstand sein 2021 festgelegtes Mittelfristziel von fünf bis sieben Prozent Wachstum pro Jahr anheben könnte. "Wir überprüfen derzeit unsere Mittelfristplanung", sagte er der Zeitung. Die Siemens-Aktie notierte am Morgen in einem leicht schwächeren Gesamtmarkt moderat im Plus. Ein Händler bezeichnete die Äußerungen zu den Wachstumsplänen als nur bedingt neu, da es schon eine Weile entsprechende Spekulationen gebe.

Der Dax-Konzern geht laut dem "Handelsblatt" in internen Planungen davon aus, dass seine Märkte in den nächsten Jahren im Schnitt um sieben Prozent wachsen. "Wir wollten Marktanteile gewinnen", sagte Busch.

Dafür soll in Singapur für 200 Millionen Euro eine Hightech-Fabrik zur Produktion von Automatisierungstechnik mit mehr als 400 Arbeitsplätzen entstehen, wie der Konzern in München mitteilte. Das Automatisierungswerk im chinesischen Chengdu wird für 140 Millionen Euro erweitert, wobei ebenfalls 400 Arbeitsplätze geschaffen werden. Darüber hinaus soll im chinesischen Shenzhen ein Forschungs- und Innovationszentrum entstehen. Weitere Investitionen in Europa und den USA sollen im Laufe des Jahres bekannt gegeben werden.

Zusammen mit einigen im laufenden Jahr bereits verkündeten Investitionen, unter anderem in Frankfurt am Main, in Tschechien und den USA, sollen sich die Investitionspläne auf rund 2 Milliarden Euro belaufen. Damit bliebe etwa eine Milliarde für noch nicht näher genannte Investitionen in Europa und den USA. In diesen Zahlen ist allerdings auch die Mehrheitsbeteiligung an Siemens Healthineers enthalten.

Dies gilt auch für eine geplante Erhöhung der Investitionen in Forschung und Entwicklung: Diese sollen im Vergleich zu den 5,6 Milliarden aus dem Vorjahr um 0,5 Milliarden Euro steigen. Der Fokus soll dabei auf den Bereichen Künstliche Intelligenz (KI) und industrielles Metaversum liegen, in denen Siemens unter anderem mit Nvidia und Microsoft zusammenarbeitet. Siemens wolle durch die forcierten Forschungsanstrengungen seine führende Position in Kerntechnologien wie Simulation, digitale Zwillinge, KI oder Leistungselektronik stärken, hieß es.

Siemens wachse deutlich schneller als der Markt, sagte Konzernchef Busch der Mitteilung zufolge. "Daher kündigen wir heute eine Investitionsstrategie an, um das künftige Wachstum zu fördern, Innovationen voranzutreiben und auch unsere eigene Resilienz zu erhöhen." Die Investitionen untermauerten die Strategie des Konzerns, "die reale und die digitale Welt zu verbinden, sowie unseren Fokus auf Diversifizierung und Lokalisierung unseres Geschäfts".

Siemens setze klar auf eine starke globale Präsenz, ergänzte der Manager. Mit der neuen Fabrik in Singapur will der Konzern, die "rasant wachsenden Märkte in Südostasien künftig noch besser bedienen". Zudem seien viele chinesische Siemens-Kunden frühe Anwender neuer Technologien vor allem im Bereich Digitalisierung und Hightech-Fertigung, hieß es zur Begründung der Investitionen. Damit hält Siemens wie viele andere deutsche Konzerne auch trotz der jüngsten geopolitischen Spannungen an der Volksrepublik fest, in der die deutsche Wirtschaft stark investiert ist.

Die deutsche Bundesregierung beschloss erst diese Woche eine nationale Sicherheitsstrategie, mit der sie die Wirtschaft auffordert, die Abhängigkeit von autoritären Staaten zu verringern. Im Gespräch mit dem "Handelsblatt" verteidigte Busch seinen Kurs: "Der chinesische Markt ist stark und wird weiter wachsen." Kein Unternehmen könne es sich leisten, auf diesen attraktiven Markt zu verzichten. In Chengdu solle vor allem für China produziert werden, die Kapazitäten würden um 40 Prozent aufgestockt.

Auch die Medizintechniktochter Siemens Healthineers hatte erst vor wenigen Wochen Investitionen über rund 130 Millionen Euro in eine Forschungs- und Produktionsstätte im chinesischen Shenzhen angekündigt. Das daneben von der Mutter Siemens dort geplante Forschungszentrum soll den Konzernangaben zufolge dazu dienen, künftig die Entwicklung von Motion-Control-Systemen mit Digitalisierung und Leistungselektronik zu beschleunigen./tav/ruc/stw