DOHA/ABU DHABI/DSCHIDDA (dpa-AFX) - Ende der Eiszeit mit Saudi-Arabien und zusätzliche Energielieferungen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten - das ist die Bilanz der zweitägigen Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz auf die arabische Halbinsel. Während seines Besuchs in Abu Dhabi, der Hauptstadt der Emirate, schloss der Essener Energiekonzern RWE
Die Menge ist allerdings verhältnismäßig gering - weniger als das, was vor dem Ukraine-Krieg an nur einem Tag durch die inzwischen abgeschaltete Pipeline Nord Stream 1 nach Deutschland floss. Der Vertrag hat aber eine gewisse symbolische Bedeutung. Deutschland bemüht sich seit einem halben Jahr um zusätzliche Flüssiggaslieferungen aus der Golfregion. Nun scheint der Bann gebrochen. Die erste LNG-Lieferung soll Anfang nächsten Jahres per Schiff in Brunsbüttel bei Hamburg ankommen. Weitere Lieferungen sind geplant.
Scholz: Abhängigkeit wird uns nicht wieder passieren
Während der Scholz-Visite wurde auch noch ein zweiter Deal abgeschlossen: Der emiratische Staatskonzern ADNOC liefert ab 2023 monatlich auch bis zu 250 000 Tonnen Dieseltreibstoff nach Deutschland. Die Vereinbarung darüber wurde mit dem niedersächsischen Energieunternehmen Hoyer geschlossen.
Scholz betonte, wie wichtig es sei, sich bei der Energieversorgung auf möglichst viele Anbieter zu stützen. Die Abhängigkeit von einem Lieferanten "wird uns sicherlich nicht wieder passieren", betonte der Kanzler. Bis zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine bezog Deutschland noch 55 Prozent seines Erdgases aus Russland. Inzwischen sind die Lieferungen von dort zum größten Teil eingestellt und die deutschen Gasversorger suchen nach neuen Bezugsquellen. Die VAE verfügen über die siebtgrößten Erdgasvorkommen weltweit.
Eiszeit mit Saudi-Arabien per Handschlag beendet
Scholz hatte seine zweitägige Reise auf die arabische Halbinsel am Samstag in Saudi-Arabien begonnen - zweifellos die schwierigste von drei Stationen. Im königlichen Palast des Friedens wurde er von Kronprinz Mohammed bin Salman empfangen. Der faktische Herrscher des mächtigsten Staates der Region wird von US-Geheimdiensten für den brutalen Mord an dem saudischen Regierungskritiker und Journalisten Jamal Khashoggi im saudischen Generalkonsulat in Istanbul vor vier Jahren verantwortlich gemacht. Er selbst bestreitet allerdings, Drahtzieher der Tat zu sein.
Der Mord hatte zu einer internationalen Isolierung des 37-jährigen Thronfolgers geführt und die deutsch-saudischen Beziehungen in eine jahrelange Krise gestürzt. Die wurde am Samstag mit einem kräftigen Handschlag und einem freundlichen Lächeln von Kanzler Scholz bei der Begrüßung des Kronprinzen beendet. Das anschließende Gespräch dauerte insgesamt eine Stunde länger als geplant - erst in großem Kreis, dann unter vier Augen, schließlich noch bei einem Mittagessen.
Den Mord an Khashoggi sprach Scholz nach eigenen Angaben in dem Gespräch mit Mohammed an. Man habe "alle Fragen besprochen", die sich um Bürger- und Menschenrechte drehen, sagte er. "Das gehört sich so. Und da können Sie von ausgehen, dass nichts unbesprochen geblieben ist, was zu sagen ist."
Biden wurde in Dschidda deutlicher als Scholz
Mit Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron, dem inzwischen zurückgetretenen britischen Premier Boris Johnson und US-Präsident Joe Biden waren vor Scholz schon die wichtigsten Bündnispartner Deutschlands in Saudi-Arabien. Der Kronprinz war im Juli erstmals seit dem Mord auch wieder zu offiziellen Treffen in der EU. Scholz knüpfte daran an. Er will auch mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und seine Folgen den Gesprächsfaden wieder aufnehmen. Für ihn geht es darum, auch mit schwierigen Partnern im Dialog zu bleiben, um sie nicht an Länder wie Russland oder China zu verlieren.
Biden hatte den Kronprinzen bei seinem Besuch im Juli in Dschidda ebenfalls auf den Mord an Khashoggi angesprochen. Er wurde anschließend aber deutlicher, was die Verantwortung Mohammeds für den Mord angeht. "Er (Mohammed) sagte im Grunde, dass er nicht persönlich dafür verantwortlich sei. Ich deutete an, dass ich glaube, er ist es", sagte Biden damals.
Ist die Fußball-WM in Katar gut aufgehoben?
Letzte Station der Kanzler-Reise war Katar, wo im Herbst die Fußball-Weltmeisterschaft stattfindet. Das reiche Emirat steht wegen Menschrechtsverstößen und des Umgangs mit Arbeiterinnen und Arbeitern aus anderen Ländern in der Kritik. Scholz würdigte Fortschritte bei den Arbeitsbedingungen, "auch wenn das noch lange nicht den Vorstellungen entspricht, die wir selber haben".
In der Vergangenheit war es zu tödlichen Unfällen auf WM-Baustellen gekommen. Die Regierung des Emirats verweist auf eigene Reformen und weist Teile der Kritik zurück.
Die Weltmeisterschaft dort beginnt am 20. November. Ob er selbst hinreisen wird, ließ Scholz zwar offen, der Kanzler kündigte aber einen Besuch deutscher Regierungsmitglieder an. "Die Frage, wie wir dahin fahren, ist selbstverständlich zeitnah zu entscheiden. Aber das wird schon so sein, dass da jemand dabei ist", sagte er./mfi/DP/he