WALLDORF/ORLANDO (dpa-AFX) - Europas größter Softwarehersteller SAP
Analysten äußerten sich positiv zum Ausblick, und auch ein Händler bezeichnete die Ziele als optimistisch. Zudem sei der Aktienrückkauf etwas umfangreicher als erwartet, so der Börsianer. Einige Investoren könnten allerdings auf positivere Überraschungen gehofft haben. Daher sei es durchaus denkbar, dass einige kurzfristig orientierte Anleger nach dem guten Lauf der Aktien später erst einmal Gewinne einstreichen könnten.
Am Mittwoch waren kurz nach dem Handelsstart indes zunächst die Optimisten am Zug. Die Aktie stieg um 1,4 Prozent auf knapp 123 Euro, blieben damit aber unter ihrem Jahreshoch. Im bisherigen Verlauf 2023 summieren sich die Kursgewinne damit auf knapp 28 Prozent, was einen Platz in der Spitzengruppe des deutschen Leitindex Dax bedeutet. In Sachen Börsenwert ist SAP - seit dem Wechsel des Gasekonzerns Linde an die New Yorker Börse Nyse - mit einer Marktkapitalisierung von 151 Milliarden Euro unangefochtener Spitzenreiter im Dax. Auf Platz zwei folgt mit rund 120 Milliarden Euro der Technologiekonzern Siemens.
SAP will mit dem Geld aus dem Verkauf des US-Marktforschers Qualtrics Aktien im Wert von bis zu 5 Milliarden Euro zurückkaufen. Das Programm steht unter dem Vorbehalt, dass der Abschluss des Geschäfts mit dem Finanzinvestor Silver Lake wie geplant im zweiten Halbjahr gelingt und damit 7,7 Milliarden US-Dollar (7,1 Milliarden Euro) an Geld in die Kassen von SAP spült.
Mit einem Aktienrückkauf hatten viele Analysten bereits gerechnet, bei den neuen Zielen für 2025 ist der neue SAP-Finanzchef Dominik Asam aber etwas optimistischer als die Fachleute es auf dem Zettel hatten. Der neue Ausblick sei solide, die Kommentare des Managements rund ums Geschäft über 2025 hinaus gar optimistisch, schrieb Analyst Toby Ogg von der Bank JPMorgan in einer ersten Einschätzung.
Asam und Vorstandschef Klein gehen für das Jahr 2025 jetzt von über 37,5 Milliarden Euro Gesamtumsatz aus, davon mehr als 21,5 Milliarden Euro aus der Cloud. Dabei ist Qualtrics als nicht fortgeführter Geschäftsbereich nun ausgeklammert. Zuvor standen über 36 Milliarden Euro Gesamterlös im Plan, wozu die Software zur Nutzung über das Netz mehr als 22 Milliarden Euro beitragen sollte.
Beim operativen Ergebnis 2025 will das Management das bisherige Niveau praktisch halten - auch ohne den Qualtrics-Beitrag, dieser soll kompensiert werden. So soll um Sonderposten bereinigt und vor Zinsen und Steuern 2025 ein Gewinn von rund 11,5 Milliarden Euro erreicht werden. Inklusive der Amerikaner hatte sich SAP zuletzt mehr als 11,5 Milliarden Euro operatives Ergebnis vorgenommen.
Knut Woller, Analyst bei der Baader Bank, sieht im Gewinnziel allerdings auch Signale, dass das angestrebte Konzernwachstum Geld kostet. Insgesamt zahle sich der Umbau von SAP allerdings so langsam aus: Die Früchte könnten nun wohl geerntet werden.
Für den freien Barmittelzufluss - eine Kennziffer für die Finanzkraft eines Unternehmens, die auch Aufschluss über die Fähigkeit zur Dividendenzahlung geben kann - peilt Asam jetzt rund 7,5 Milliarden Euro an. Bisher waren es 500 Millionen Euro mehr: Geschätzt 300 Millionen weniger sind auf den Qualtrics-Verkauf zurückzuführen, aber auch im verbleibenden Geschäft veranschlagt SAP 200 Millionen Euro weniger.
"Wir heben unser Ziel für die Umsatzerlöse der fortgeführten Geschäftsbereiche um fast 4 Milliarden Euro an und erwarten eine weitere deutliche Beschleunigung des Umsatzwachstums bis 2025 und darüber hinaus", sagte Klein. Der Gesamtumsatz soll in dem Zeitraum im Schnitt um mehr als 8 Prozent pro Jahr wachsen, der Clouderlös sogar um über 23 Prozent.
Beim bereinigten Betriebsergebnis steht ein Plus von jährlich rund 13 Prozent im Plan. Asam sprach von Weichenstellungen für ein "nachhaltiges, dynamisches Wachstum über das Jahr 2025 hinaus". Experte Ogg von JPMorgan wertete das als Aufwärtspotenzial für die Mittelfristziele, schließlich sei Asam eher als zurückhaltend bekannt. Und auch Baader-Bank-Experte Woller schätzt, dass Asam an die Ziele 2025 durchaus erst einmal konservativ herangegangen sein dürfte.
Damit dürfte die Profitabilität auch - wie bisher schon in Aussicht gestellt - wieder zulegen, nachdem das Unternehmen in den vergangenen beiden Jahren viel Geld in den Umbau hin zu Clouddiensten gesteckt hatte, worunter die Marge litt.
Klein hatte dem Konzern einen tiefgreifenderen Kurs in Richtung Software aus dem Netz verordnet, unter anderem mit einem neuen Produktbündel, das den Kunden den Umstieg mit den SAP-Kernprogrammen in die Cloud erleichtern soll. Klein sieht hier allein bei bereits bestehenden Kunden ein Geschäftspotenzial von mehr als 25 Milliarden Euro, wenn sie umsteigen.
Letztlich erhofft sich SAP eine höhere Kundenbindung und stärkeres Wachstum durch den Schritt, wenn sich die Abonnementzahlungen über die Zeit ansammeln - und letztlich auch höhere Gewinne als im einst so einträglichen Geschäft aus Lizenzverkäufen und anschließender Wartung. Das lieferte zwar hohe Einmalbeträge beim Kauf, aber die Kunden konnten die Software dann beliebig lang nutzen, im Zweifel auch ohne Wartungsvertrag. Mittlerweile sind Online-Nutzung, -Updates und -Support gegen laufende Zahlungen in der Softwarebranche ohnehin zum Standard geworden.
Auch die Rivalen wie Salesforce
Insbesondere Erzrivale Oracle setzt dem deutschen Konzern mit seinen Cloudangeboten (Fusion, Netsuite) im ERP-Bereich mehr und mehr zu. Der Vertriebssoftwarespezialist Salesforce hat gerade mit eigenen Problemen zu kämpfen - und das Vorhaben, den Konkurrenten hier in seinem angestammten Geschäft stärker zu attackieren, hat SAP unter anderem mit dem angekündigten Qualtrics-Verkauf wieder ad acta gelegt.
Klein stellte auf der Kundenmesse in Florida dafür neue Funktionen mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) vor, die Unternehmen unterstützen sollen. Das Thema KI ist derzeit der Bereich, der in der Branche die größte Fantasie auslöst, vor allem wegen des Aufkommens KI-gestützter Sprachmodelle wie demjenigen im Textroboter ChatGPT. Mittlerweile gehen viele andere Tech-Riesen wie Google
SAP arbeitet mit Microsoft