SALZGITTER (dpa-AFX) - Überraschender Paukenschlag bei Salzgitter : Der Stahlkonzern könnte womöglich von seinem zweitgrößten Aktionär übernommen werden. Die GP Günter Papenburg AG erwäge zusammen mit der TSR Recycling GmbH & Co. KG eine entsprechende Offerte, teilte Salzgitter am Montagabend mit. Offen sind zwar noch viele Fragen - etwa, was das Land Niedersachsen als Großaktionär Nummer eins konkret dazu sagt und wie viel den Investoren eine mögliche Übernahme wert ist. Doch allein die Aussicht auf eine Offerte ließ die Börsianer am Dienstag schon mal jubeln. Für die Anleger sei dies eine "willkommene Überraschung", sagte ein Händler.

War der Kurs des SDax-Unternehmens zuletzt auf einem Tief seit vier Jahren angekommen, schoss er kurz nach dem Handelsbeginn um gut ein Viertel auf 17,60 Euro nach oben. Bei diesem Kurs wird Salzgitter an der Börse mit etwas über einer Milliarde Euro bewertet. Für die Kummer gewöhnten Aktionäre ist das Papier in diesem Jahr aber immer noch ein sehr saurer Drops, denn sie saßen zuletzt auf einem Kursverlust von knapp 40 Prozent.

Auch Analysten begrüßten das potenzielle Übernahmeangebot. Eine formelle Offerte wäre positiv für den Aktienkurs, der nach mehreren Gewinnwarnungen in diesem Jahr und wegen anhaltend schwacher Stahlpreise und Margen sowie hoher Investitionen in die klimaneutrale Stahlproduktion weiter gefallen sei, schrieb etwa UBS-Analyst Andrew Jones in einer ersten Reaktion.

Wann das Angebot kommen könnte, hängt von mehreren Faktoren ab. So sei eine mögliche Offerte unter anderem an die Bedingung geknüpft, dass das Konsortium einschließlich des eigenen Anteils mindestens 45 Prozent plus eine Aktie erhalte, hieß es von Salzgitter weiter. Die mögliche Höhe des Angebotspreises sei dem Konzern bislang noch nicht verkündet worden.

Das Familienunternehmen GP Günter Papenburg betätigt sich eigenen Angaben zufolge in den Bereichen Bau und Projekte, Rohstoffe und Logistik, Technologie und Projekte sowie Recycling und Verwertung. Papenburg hält derzeit 25,10 Prozent an Salzgitter und folgt damit an zweiter Stelle hinter Niedersachsen - das Land ist aktuell mit 26,5 Prozent beteiligt. Von der Landesregierung kam bis zum Börsenstart noch keine Stellungnahme.

Für Analyst Christian Obst von der Baader Bank ist ein privater Eigentümer wie GP Günter Papenburg, der tief in der Branche verwurzelt sei, womöglich für Salzgitter die "bessere Alternative", um den Konzern bei seinem schwierigen, unsicheren und langen Umbauprozess zu unterstützen. Die deutsche Stahlindustrie sieht Obst derzeit im Fluss. Beim Übergang zur klimaneutralen Stahlproduktion würden hohe Investitionen fällig. Gleichzeitig sei die weitere Entwicklung bei der Nachfrage, den Stahlpreisen und den Kosten unsicher.

Während Konkurrent Thyssenkrupp zuletzt einen Stellenabbau ankündigte, schnürt auch Salzgitter den Gürtel enger. Erst Ende Oktober kappte das Management seine Prognose erneut - es war das dritte Mal in diesem Jahr. Der Konzern rechnet nun im laufenden Jahr mit einem noch stärkeren Umsatzrückgang als bisher und mit einem Verlust vor Steuern von bis zu 325 Millionen Euro. Zuvor hatte Salzgitter noch mit einem ausgeglichenen Vorsteuerergebnis gerechnet. Der Umsatz dürfte nun um bis zu zwölf Prozent in diesem Jahr sinken.

Salzgitter-Chef Gunnar Groebler kündigte zudem einen schärferen Sparkurs an, von dem vor allem das Handelsgeschäft betroffen sein dürfte. Der Manager hatte die härteren Maßnahmen mit der ausgeprägten Schwächeperiode in wichtigen Zielmärkten begründet.

Sollte es zu einer Übernahme von Salzgitter kommen, könnte das auch Einfluss auf den Kupferkonzern Aurubis haben. Aktuell hält Salzgitter rund 30 Prozent der Anteile. Die Aurubis-Aktie legte am Dienstagmorgen um sieben Prozent./tav/mne/stk/mis