BERLIN (dpa-AFX) - Die Bundesregierung will mehr Tempo beim Ausbau von Glasfaser und Mobilfunk machen. Nach längeren regierungsinternen Verhandlungen beschloss das Kabinett den Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung des Ausbaus von Telekommunikationsnetzen.

"Wir senden damit das wichtige Signal an die Wirtschaft, dass wir die Digitalisierung entschlossen vorantreiben", sagte Volker Wissing (FDP), Bundesminister für Digitales und Verkehr. Umweltschutz und Modernisierung des Landes würden in Einklang gebracht.

Der Ausbau der Telekommunikationsnetze soll künftig im "überragenden öffentlichen Interesse" liegen, befristet bis 2030. Das soll Unternehmen Rechtssicherheit geben.

Ziel der Regierung ist es, Deutschland bis 2030 flächendeckend mit Glasfaser und modernsten Mobilfunkstandards zu versorgen. Laut Ministerium gibt es derzeit 92 Prozent Abdeckung beim schnellen Mobilfunk 5G, beim Glasfaserausbau gebe es Fortschritte.

Überragendes öffentliches Interesse

Ein überragendes öffentliches Interesse gibt es bereits zum Beispiel beim Ausbau erneuerbarer Energien. Das soll örtlichen Behörden ermöglichen, bei Abwägungen zum Beispiel mit dem Naturschutz dem Ausbau Vorrang zu geben.

Beim Netzausbau gab es regierungsintern Streit um das Wort "überragendes" - Ausnahmen davon soll es im Bereich des Naturschutzrechts geben. Laut Digitalministerium soll das überragende öffentliche Interesse dort gelten, wo der Anbieter, der bauen will, noch keine Mobilfunkversorgung hat. Das seien knapp 17 Prozent der Fläche Deutschlands.

Das Bundesumweltministerium signalisierte Zustimmung. Ein schneller Ausbau der Telekommunikationsinfrastruktur liege im Interesse aller beteiligten Ressorts, sagte ein Sprecher. "Wir haben daher gemeinsam mit dem federführenden Digitalministerium Regelungen im Telekommunikationsgesetz erarbeitet, die den Netzausbau beschleunigen und die gleichfalls wichtige Natur möglichst gut schützen." Der Gesetzentwurf sehe dafür eine Reihe von unstrittigen Beschleunigungsmaßnahmen vor.

Branche äußert Kritik

Stephan Albers, Geschäftsführer des Bundesverbands Breitbandkommunikation, sagte, dem Gesetz fehle die Substanz, den Netzausbau zu erleichtern und zu beschleunigen. "In der Praxis wird der Glasfaserausbau davon nicht profitieren, denn im Rahmen naturschutzrechtlicher Prüfungen soll das "überragende öffentliche Interesse" nur für den Mobilfunkausbau gelten. Damit macht die Bundesregierung deutlich, dass der Glasfaserausbau für sie offensichtlich keine Priorität mehr hat."

Positiv zu bewerten sei die beschlossene Genehmigungsfreiheit von geringfügigen Baumaßnahmen wie dem sogenannten Hausstich - dem letzten, wichtigen Schritt, um Gebäude mit Glasfaser zu versorgen. "Dies kann dafür sorgen, dass Haushalte, bei denen die Glasfaserleitung bisher nur in der Straße liegt, schneller ans Glasfasernetz angeschlossen werden."

Bitkom: Chancen nicht voll genutzt

Kritik kam auch vom Digitalverband Bitkom. Trotz richtiger Ansätze bleibe der Gesetzentwurf hinter den Erwartungen und selbstgesteckten Zielen zurück, sagte Verbandspräsident Ralf Wintergerst. "Die Einschränkung, dass das überragende öffentliche Interesse in Bezug auf den Naturschutz nur für neue Mobilfunkanlagen in Regionen ohne ausreichende Versorgung gelten soll, lässt sich sachlich nicht rechtfertigen." Die Chancen würden insgesamt nicht voll genutzt. Anstatt Bürokratie abzubauen, wurden ihm zufolge neue Hürden für die Unternehmen in den Gesetzentwurf aufgenommen./hoe/DP/ngu