AMSTERDAM (dpa-AFX) - Die niederländische Internet-Beteiligungsholding Prosus will nicht bei dem chinesischen Online-Rabattgutschein-Anbieter Meituan einsteigen. Prosus erhält im kommenden Jahr über seine Tencent-Beteiligung Meituan-Aktien mit einem aktuellen Wert von umgerechnet rund fünf Milliarden Euro als Sonderdividende. Sobald die Anteile bei Prosus sind, werden sie als zum Verkauf stehend eingestuft. Dies teilte das im EuroStoxx 50 notierte Unternehmen am Mittwoch bei der Vorlage detaillierter Zahlen zum ersten Geschäftshalbjahr mit.

Das chinesische Internetunternehmen Tencent hatte kürzlich angekündigt, sein Paket von rund 19 Prozent an Meituan nahezu komplett über eine Sonderdividende an die Aktionäre abbauen zu wollen. Der Wert des Pakets liegt aktuell umgerechnet bei rund 18 Milliarden Euro.

Tencent ist wiederum die wichtigste Beteiligung von Prosus. Die Niederländer halten derzeit rund 28 Prozent an dem chinesischen Unternehmen. Sollte sich bis zu der Ausschüttung der Sonderdividende nichts daran ändern, würde Prosus knapp fünf Prozent an Meituan halten.

Die Prosus-Aktie legte zuletzt rund 3 Prozent zu auf 58,31 Euro und lag damit an der Spitze des Eurozonen-Auswahlindex. Die Entwicklung der Aktie hängt vor allem vom Tencent-Kurs ab. Da die Bewertung von Tencent bisher in diesem Jahr um rund ein Drittel auf zuletzt 2,7 Billionen Hongkong-Dollar (rund 330 Mrd Euro) gefallen ist, gab auch der Prosus-Kurs deutlich nach.

Die niederländische Beteiligungs-Holding kam zuletzt auf eine Marktkapitalisierung von rund 115 Milliarden Euro und zählt damit zu den wertvollsten Unternehmen der Eurozone. Den Großteil davon macht die Tencent-Beteiligung aus. Das Aktienpaket an dem chinesischen Konzern ist derzeit rund 95 Milliarden Euro wert. Zweitwertvollste Beteiligung ist der deutsche Essenslieferant Delivery Hero , an dem Prosus rund 26 Prozent hält. Prosus kämpft seit einiger Zeit gegen den Bewertungsabschlag im Vergleich zu dem Wert seiner Beteiligungen.

Diesen beziffert Prosus aktuell auf rund 125 Milliarden Euro - der Abschlag liegt damit nur noch bei zehn Milliarden Euro. Im Sommer hatte der Börsenwert noch rund 70 Milliarden Euro unter dem von Prosus bezifferten Beteiligungswert gelegen. Damals hatte das Unternehmen angekündigt, eigene Anteile zurückzukaufen, bis der Abschlag nicht mehr signifikant ist. Seit Juni kaufte Prosus eigene Aktien für fast sechs Milliarden Euro zurück.

Die Prosus-Aktien liegen zu etwas mehr als der Hälfte in den Händen des südafrikanischen Medienkonzerns Naspers, der seine Internetbeteiligungen in das niederländische Unternehmen ausgelagert hatte und es dann im September 2019 in Europa an die Börse brachte. Prosus hält wiederum knapp die Hälfte an Naspers, dem mit einem Börsenwert von umgerechnet rund 60 Milliarden Euro wertvollsten Konzern Afrikas. Zu Naspers gehören viele Zeitungen und Magazine, TV-Sender und Online-Portale. Kritik an dem Konzern gab es immer wieder wegen der Rolle während der Apartheid in Südafrika, in der schwarze Menschen unterdrückt worden waren.

Die Grundlage für die jetzige Größe des Konzerns legte der frühere Konzernchef Koos Bekker. Der Manager erkannte schon früh die Wachstumschancen von Internetbeteiligungen und dem Markt in China und leitet noch immer die Aufsichtsgremien von Naspers und Prosus. Größter Glücksgriff war dabei Anfang des Jahrtausends die Beteiligung an Tencent. Damals hatte Naspers für einen zweistelligen Millionenbetrag fast die Hälfte des Konzerns erhalten, der unter anderem zahlreiche Internetdienstleistungen in China anbietet.

Mit dem Prosus-Börsengang sollte der Zugang zum Kapitalmarkt verbessert werden. Nachdem der Kurs bis Februar vergangenen Jahres bis auf das Rekordhoch von fast 110 Euro geklettert war, ging es danach vor allem wegen des Absturzes des Tencent-Kurses nach unten - bis auf ein Tief bei 40 Euro Anfang Mai. Seitdem wirkt sich der Rückkauf eigener Aktien zumindest kursstützend aus. Prosus finanziert diese Maßnahme unter anderem mit dem Erlös aus einem Verkauf von Teilen des Tencent-Pakets im vergangenen Geschäftsjahr.

Zudem hat Prosus in diesem Jahr bereits Anteile am chinesischen Online-Direktvertrieb JD.com für vier Milliarden Dollar verkauft. Diese Beteiligung war ebenfalls über eine Sonderdividende in Aktien von Tencent zu den Niederländern gekommen. Zudem trennte sich Prosus von anderen Beteiligungen wie der an Avito, einem russischen Anbieter von Internet-Kleinanzeigen, und nahm dafür Milliarden Dollar ein.

Wie bereits seit Anfang der Woche bekannt, ging der Gewinn im ersten Halbjahr des Geschäftsjahrs 2022/23 deutlich zurück: In den sechs Monaten bis Ende September fiel der Überschuss um 84 Prozent auf 2,5 Milliarden Dollar. Grund dafür war vor allem der hohe Gewinn im Vorjahreszeitraum, den der Verkauf eines Teils der Tencent-Beteiligung in die Kassen gespült hatte.

Der Umsatz im Kerngeschäft zog im ersten Halbjahr leicht auf 16,5 Milliarden Dollar an - bereinigt um die Folgen des starken Dollar, der einen Teil der Zuwächse aufzehrte, wäre der Erlös um neun Prozent gestiegen. Der operative Gewinn brach um die Hälfte auf 1,4 Milliarden Dollar ein - währungsbereinigt habe der Rückgang bei 37 Prozent gelegen. Ein Teil des Gewinnrückgangs geht auf den gesunkenen Beitrag durch Tencent zurück. Zudem drückten Investitionen in den Ausbau des E-Commerce-Geschäfts auf das Ergebnis./zb/tav/men