WIESBADEN (dpa-AFX) - Der starke Preisauftrieb im deutschen Großhandel hat sich deutlich abgeschwächt. Im Oktober errechnete das Statistische Bundesamt mit einem Anstieg um 17,4 Prozent zum Vorjahresmonat den geringsten Zuwachs seit Beginn des Ukraine-Kriegs im Februar. Gemessen am September sanken die Großhandelspreise leicht um 0,6 Prozent, da insbesondere Minerölerzeugnisse spürbar um gut fünf Prozent billiger wurden.

Seit Beginn des Ukraine-Kriegs haben die Großhandelspreise stark angezogen, viele Rohstoffe und Vorprodukte verteuerten sich rasant. Im September kletterten die Großhandelspreise um 19,9 Prozent binnen Jahresfrist, der Höhepunkt wurde im April mit knapp 24 Prozent erreicht. Seither ist tendenziell eine Entspannung zu beobachten. Höhere Preise im Großhandel landen zumindest teilweise bei Verbrauchern.

Auch im Oktober trieben stark steigende Preise für Rohstoffe und Vorprodukte die Großhandelspreise an, teilten die Statistiker am Dienstag mit. So waren Mineralölerzeugnisse rund 41,5 Prozent teurer als im Vorjahresmonat, der Zuwachs fiel aber deutlich niedriger aus als im September (plus 62 Prozent). Auch bei Chemie-Produkten schwächte sich der Preisauftrieb auf hohem Niveau (plus 38,7 Prozent) ab.

Kräftige Preisanstiege gab es ferner im Großhandel mit festen Brennstoffen (plus 99,1 Prozent) sowie mit Milch, Milcherzeugnissen, Eiern, Speiseölen und Nahrungsfetten (plus 39,8 Prozent). Getreide, Saatgut und Futtermittel wurden gut ein Viertel teurer.

Eine Trendwende für die Inflation auszurufen sei noch zu früh, sagte Jens-Oliver Niklasch, Ökonom bei der Landesbank Baden-Württemberg. So seien vermutlich bei den Gaspreisen noch nicht alle Kosten bei den Verbrauchern angekommen. Zudem seien bei Lebensmitteln etwa angesichts teuren Düngers noch Anstiege zu erwarten, und höhere Löhne sorgten insgesamt für Preisauftrieb. "Wir sehen den Höhepunkt der Inflation daher erst kurz nach der Jahreswende."

Der Großhandel ist eine von mehreren Wirtschaftsstufen, auf denen sich das allgemeine Preisniveau bildet. Neben dem Großhandel zählen dazu die Preise für nach Deutschland eingeführte Güter und die Preise, die Hersteller für ihre Produkte erhalten. Sie alle wirken auf die Verbraucherpreise ein, an denen die Europäische Zentralbank ihre Geldpolitik ausrichtet.

Im Euroraum betrug die Inflationsrate im Oktober bei 10,7 Prozent. Die Verbraucherpreise in Deutschland lagen in dem Monat 10,4 Prozent über dem Vorjahresmonat - der stärkste Anstieg seit 1951. Bundesbank-Präsident Joachim Nagel hält im Jahresschnitt 2023 eine Inflationsrate von mehr als 7 Prozent in Deutschland für wahrscheinlich./als/DP/jha