INDIANAPOLIS (dpa-AFX) - Der US-Pharmahersteller Lilly hat im vergangenen Quartal nicht an das starke erste Halbjahr anknüpfen können. So blieben die wichtigen Diabetes- und Abnehm-Medikamente Mounjaro und Zepbound trotz ihres anhaltenden Erfolgs hinter den Erwartungen zurück, und konzernweit verlangsamte sich das Umsatzwachstum. Auch verdiente Lilly weniger als gedacht, denn im Zuge einer Übernahme fielen milliardenschwere Belastungen an. Das Management blickt nun vorsichtiger auf das Gesamtjahr. An der Börse sorgte dieses Sammelsurium enttäuschender Nachrichten am Mittwoch für lange Gesichter.

Dass der US-Konzern im Berichtszeitraum in die schwarzen Zahlen zurückkehrte, interessierte da kaum. Kurz nach Handelsauftakt in den USA rutschte der Lilly-Kurs um bis zu 15 Prozent ab. Zuletzt konnte das Papier den Verlust auf zehn Prozent verringern. Absolut betrachtet sank der Börsenwert damit um fast 90 Milliarden Dollar auf circa 770 Milliarden Dollar. Damit rutschte der Pharmakonzern in der Liste der wertvollsten US-Unternehmen von Platz acht auf zehn direkt hinter Tesla ab. Dennoch sitzen Lilly-Anleger im bisherigen Börsenjahr noch auf einem üppigen Kursgewinn von knapp 40 Prozent.

Das Papier des dänischen Konkurrenten Novo Nordisk , der erst in der kommenden Woche seine Quartalszahlen vorlegt, geriet in den Lilly-Sog und verlor bis zu sechs Prozent. Aber auch bei den Dänen verringerten sich die Verluste zuletzt wieder auf rund zwei Prozent.

Beide Konzerne stehen derzeit wegen des Hypes um ihre Diabetes- und Abnehmspritzen an der Börse stark im Fokus. Umso mehr zeigten sich Anleger von Lillys gesenkten Umsatzzielen enttäuscht. Aufs gesamte Jahr gesehen erwartet die Konzernführung noch 45,4 bis 46,0 Milliarden Dollar. Das sind am oberen Ende der Spanne rund 600 Millionen Dollar weniger als bisher, wie Lilly am Mittwoch mitteilte.

Nach eigenen Angaben balanciert das Unternehmen gerade das Angebot des Wirkstoffs Tirzepatid in den bestehenden und neuen Märkten aus. Dieses ist in Mounjaro und Zepbound enthalten. Dies könnte sich sich auch auf das dritte Quartal ausgewirkt haben: Mounjaro blieb mit einem Umsatzbeitrag von 3,1 Milliarden Dollar hinter den Erwartungen der Analysten ebenso zurück wie die noch recht junge Abnehmspritze Zepbound mit einem Umsatz von rund 1,3 Milliarden Dollar.

Damit standen beide Medikamente für mehr als ein Drittel der Erlöse: Konzernweit kletterte der Umsatz der Monate Juli bis September im Jahresvergleich zwar um ein Fünftel auf gut 11,4 Milliarden Dollar. Allerdings hatte der Zuwachs in den ersten beiden Quartalen noch deutlich darüber gelegen.

Unter dem Strich stand ein Gewinn von 970 Millionen Dollar; im Vorjahr war noch ein Fehlbetrag von knapp 60 Millionen Dollar angefallen. Der bereinigte Gewinn je Aktie lag mit 1,18 Dollar aber ebenfalls deutlich unter den Erwartungen. Für diese Kennziffer senkt Lilly nun seine Jahresziele - wegen milliardenschwerer Abschreibungen auf das Forschungsportfolio durch den Morphic-Zukauf. Im Plan steht nun noch ein bereinigter Gewinn je Aktie in Höhe von 13,02 bis 13,52 Dollar je Aktie. Zuvor hatte das Management noch 16,10 bis 16,60 Dollar in Aussicht gestellt.

Um seine Medikamentenpipeline weiter aufzupolstern, hatte Lilly im Sommer die Übernahme für mehr als drei Milliarden Dollar verkündet. Damit sicherten sich die Amerikaner den Zugang zu einem Mittel gegen entzündliche Darmerkrankungen, das sich noch in Tests befindet.

Unterdessen liefern sich Lilly und Konkurrent Novo Nordisk seit geraumer Zeit einen Kampf um die Vorherrschaft auf dem gewinnversprechenden Markt für Abnehmmittel. Analysten trauen diesem bis Ende des Jahrzehnts ein Volumen von 130 Milliarden Dollar zu. Lillys Wirkstoff Tirzepatid wird gegen Diabetes mellitus Typ 2 eingesetzt, ist aber seit knapp einem Jahr auch wegen seiner appetithemmenden Wirkung im Kampf gegen krankhafte Fettleibigkeit (Adipositas) zugelassen. In Deutschland vermarktet Lilly seinen Wirkstoff bei beiden Indikationen einzig unter dem Namen Mounjaro.

Damit trat Lilly etwas später an als der dänische Hersteller Novo Nordisk, der mit seinen Mitteln Wegovy und Ozempic mit dem Wirkstoff Semaglutid schon vorher den Pharmamarkt aufgemischt hatte. Wegen der großen Nachfrage litten Eli Lilly und Novo Nordisk zeitweise unter Lieferengpässen. Beide haben inzwischen aber kräftig in die Produktion investiert und diese stark ausgeweitet./tav/stw/zb/he