PEKING (dpa-AFX) - Der Kongress der Kommunistischen Partei Chinas soll die Macht von Staats- und Parteichef Xi Jinping weiter ausbauen. Der nur alle fünf Jahre stattfindende Parteikongress wird die Weichen für eine historische dritte Amtszeit des 69-jährigen stellen und seine Ideologie noch tiefer in der Parteiverfassung verankern. Auf ihrem Sonntag beginnenden Treffen in der Große Halle des Volkes werden die knapp 2300 Delegierten entsprechende Änderungen billigen, die "neue Konzepte, Ideen und Strategien" widerspiegeln, wie der Sprecher der Tagung, Sun Yeli, am Samstag vor der Presse sagte.

Vor dem Hintergrund wachsenden Unmuts im Volk über die Null-Covid-Strategie und der starken Belastungen für die zweitgrößte Volkswirtschaft verteidigte der Sprecher die strikten Maßnahmen gegen das Coronavirus. China habe eine große Bevölkerung und viele alte Menschen. Die Entwicklung sei regional unausgewogen. Auch fehle es an medizinischen Ressourcen. Die "dynamische Null-Covid-Politik", wie die Strategie offiziell genannt wird, habe die Infektions- und Todesrate niedrig und die Wirtschaftsentwicklung stabil gehalten.

"Alles in allem ist Chinas Covid-Antwort am kostenwirksamsten und hat am besten funktioniert für unser Land", sagte der Sprecher. Er versprach allerdings eine bessere Koordination zwischen den Maßnahmen zur Vorbeugung und den wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen.

Während der Rest der Welt versucht, mit dem Virus zu leben, hält China unbeirrt an seinem Null-Toleranz-Ziel fest. Mit Lockdowns, alltäglichen Massentests, Quarantäne und digitaler Kontaktverfolgung versuchen die Behörden, jeden Ausbruch im Keim zu ersticken. Zig-Millionen Chinesen sind gegenwärtig ganz oder teilweise von Ausgangssperrren betroffen. Täglich gibt es landesweit zwischen 1500 und 2000 neue Infektionen. Experten warnen, dass sich neue Virus-Varianten verbreiten und die Zahl der betroffenen Orte zunimmt.

Mit einem Rechenschaftsbericht wird Xi Jinping den Parteitag am Sonntag eröffnen. Die Delegierten werden bis Samstag ein neues, 370 Mitglieder und Kandidaten zählendes Zentralkomitee bestimmen, das voraussichtlich am folgenden Sonntag zusammenkommen wird. Auf dieser ersten Plenarsitzung soll Xi Jinping für eine ungewöhnliche dritte Amtszeit als Generalsekretär bestätigt werden. Das Zentralkomitee hatte ihm bereits im November praktisch ein Mandat für eine lebenslange Führungsrolle gegeben.

Indem sich der Parteichef über bisher respektierte Amtszeitbegrenzungen hinwegsetzt, demonstriert Xi Jinping seine Macht, die sich nur mit der Herrschaft von Staatsgründer Mao Tsetung vergleichen lässt. Wegen des Chaos, das der "große Steuermann" mit seiner alleinigen Herrschaft angerichtet hatte, hatten folgende Parteiverantwortliche eigentlich das Modell einer "kollektiven Führung" eingeführt, das Xi Jinping aber seit seinem Amtsantritt vor zehn Jahren stetig ausgehebelt hat.

Während Xi Jinping im Amt bleibt, wird das 25-köpfige Politbüro und der bisher siebenköpfige mächtige Ständige Ausschuss gleichwohl aus Altersgründen neu besetzt - vornehmlich mit loyalen Weggefährten des Parteichefs. "Xi Jinping wird auf höchster Ebene weitgehend für alles zuständig sein", sagte Nis Grünberg vom China-Institut Merics in Berlin. Alle anderen Fraktionen und oder Netzwerke seien ausgeschaltet. "Er schmeißt in Wirklichkeit den Laden."

Der Personalwechsel in der Führungsmannschaft ist ein Vorspiel auf den Volkskongress im nächsten März, wenn Ministerpräsident Li Keqiang abtreten und eine neue Regierung eingesetzt wird. Wie die Parteiverfassung auf dem Kongress genau ergänzt wird, ist noch offen. Unter anderem könnten das Konzept der "Zwei Etablierungen" (Liang ge queli) aufgenommen werden, die die Machtposition von Xi Jinping als Kern der Partei und seine Ideen "für den Sozialismus chinesischer Prägung in einer neuen Ära" als leitende Ideologie festschreiben./lw/DP/men