BERLIN (dpa-AFX) - Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban hat bei seinem Besuch in Berlin neben Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auch dessen Vorgängerin Angela Merkel (CDU) getroffen. Am Montag wurde er von Scholz im Kanzleramt empfangen, die übliche gemeinsame Pressekonferenz gab es aber nicht. Bereits am Sonntag sprach Orban mit Merkel. Zu den Inhalten wollte sich das Büro der früheren CDU-Regierungschefin nicht äußern. Man gebe über "nicht-öffentliche persönliche Gespräche" grundsätzlich keine weitere Auskunft, hieß es.

Orban ist seit 2010 Ministerpräsident und saß elf Jahre lang mit Merkel bei EU-Gipfeln an einem Tisch. Orbans rechtsnationale Fidesz-Partei gehörte bis zu ihrem Austritt 2021 wie Merkels CDU zur Europäischen Volkspartei EVP. Die beiden kennen sich also recht gut. Bereits am Samstag hatte Orban auch den früheren nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten, gescheiterten CDU/CSU-Kanzlerkandidaten und jetzigen Außenpolitiker im Bundestag, Armin Laschet, getroffen.

Der ungarische Regierungschef gilt vielen in der EU als rechtsnationaler Querulant. Immer wieder werden ihm Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit vorgeworfen, er steht aktuell auch wegen mutmaßlichen Missbrauchs von EU-Geldern in der Kritik. Die EU-Kommission hat deswegen vorgeschlagen, Ungarn Zahlungen von rund 7,5 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt zu kürzen.

Im Mittelpunkt des Gesprächs mit Scholz sollte nach Angaben von deutscher Seite aber die Reaktionen auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine stehen. Der rechtsnationale ungarische Regierungschef wettert seit Monaten gegen die Sanktionen, die die EU gegen Russland verhängt hat. Trotzdem stimmte sein Land bisher immer für die Strafmaßnahmen, die einstimmig beschlossen werden müssen. Vor wenigen Tagen hatte Orban eine Volksbefragung in Ungarn zu den Sanktionen angekündigt.

Eine Pressekonferenz mit Scholz wurde ungewöhnlicherweise nicht angesetzt. Bei Besuchen von Regierungschefs aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union ist das eigentlich die Regel. Es gibt aber Ausnahmen.

Orban wollte am Nachmittag auch auf einem Wirtschaftsforum des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft reden (17.20 Uhr). Am Dienstag nimmt er an einer vom Magazin "Cicero" veranstalteten Diskussionsrunde mit dem Titel "Sturm über Europa - der Ukrainekrieg, die Energiekrise und geopolitische Herausforderungen" teil./mfi/DP/stw