BERLIN (dpa-AFX) - Die Opposition im Bundestag hat Finanzminister Christian Lindner (FDP) die Verschleierung von Rekordschulden vorgeworfen. Lindner gebe vor, im Etat für 2023 die Schuldenbremse einzuhalten, sagte Unionsfraktionsvize Mathias Middelberg am Dienstag zu Beginn der Haushaltsdebatte. "Tatsächlich haben Sie, Minister Lindner, seit Amtsantritt eigentlich alle denkbaren Methoden ausgeschöpft, um diese Schuldenbremse des Grundgesetzes zu umgehen."

Lindner mache Schulden, wie kein Finanzminister vor ihm. "Sie sind Rekordschuldenmacher", sagte Middelberg. Der Haushalt für das kommende Jahr sei nur deshalb formal ausgeglichen, weil im laufenden Jahr bereits Kredite auf Vorrat angehäuft worden seien. Auch der Haushälter der AfD, Peter Boehringer, sprach von Verschleierung. Er halte Lindners vorgehen für verfassungswidrig.

Tatsächlich will die Ampel-Koalition, dass der Bund im kommenden Jahr Kredite von rund 45 Milliarden Euro aufnimmt - was die Schuldenbremse wegen der schlechten Konjunkturerwartung zulässt. Parallel dazu werden allerdings milliardenschwere Investitionen in die Bundeswehr und für die Energiepreisbremsen über Sondervermögen abseits des normalen Haushalts finanziert. Middelberg kritisierte, diese Sondertöpfe würden schon in diesem Jahr mit riesigen Summen gefüllt. Das widerspreche dem normalen Vorgehen, Kredite erst dann aufzunehmen, wenn man sie auch brauche.

Lindner verteidigte sein Vorgehen: Der Haushalt bilde die "regulären politischen Vorhaben" ab - getrennt davon würden Ausgaben zur Bewältigung der Krisen aus Sondervermögen finanziert. So zeige die Ampel-Regierung, dass sie schnellstmöglich zum Prinzip zurückkehren wolle, nur das Geld zu verteilen, das vorher erwirtschaftet worden sei.

Der Etat für 2023 wird in den kommenden Tagen Ressort für Ressort im Bundestag beraten, bevor am Freitag darüber abgestimmt wird. Am Mittwoch kommt es bei den Beratungen über den Etat des Kanzleramts zur traditionellen Generaldebatte.

Die Ampel-Regierung will im kommenden Jahr rund 476 Milliarden Euro ausgeben und schöpft dafür den Kredit-Spielraum der Schuldenbremse vollständig aus. Die Alternative zur Verschuldung seien Steuererhöhungen gewesen, sagte Lindner. "Ich halte das für falsch angesichts der großen Unsicherheit, die wir haben", betonte er. Es sei "ein gefährliches makroökonomisches Experiment, in diesen Zeiten auch noch die Steuern zu erhöhen".

Die Haushaltspolitikerin der Linken, Gesine Lötzsch, widersprach Lindner, indem sie eine weitere Finanzierungsmöglichkeit aufzeigte. Die Bundesregierung weigere sich beharrlich, Krisengewinne zu besteuern, kritisierte sie. "Diese Bundesregierung darf eben nicht Vermögensverwalter der Spekulanten, Stromhändler, Waffenhersteller und Immobilienkonzerne sein", forderte sie. Viele der Pläne seien sozial nicht gerecht, so gebe es etwa weiter keinen Mietendeckel, keinen Preisdeckel auf Grundnahrungsmittel und die geplante Kindergrundsicherung werde immer weiter hinausgezögert. "Das ist die falsche Priorität", sagte Lötzsch./tam/DP/men