MONTABAUR (dpa-AFX) - Probleme mit seinem Netz machen dem Telekommunikationsanbieter 1&1 und seiner Mutter United Internet weiter zu schaffen. Wegen eines tagelangen Netzausfalls Ende Mai rechnen die Vorstände nun mit weniger Wachstum und einer schwächeren Entwicklung des operativen Gewinns. Zugleich steigen die Kosten für den Ausbau des 1&1-Netzes. An der Börse sorgten die Neuigkeiten am Montag für Ernüchterung: 1&1-Aktien rauschten um fast 14 Prozent ab. United Internet brachen um 16 Prozent ein.

Wie 1&1 am späten Freitagabend in Montabaur mitteilte, dürfte der für Telko-Unternehmen interessantere Service-Umsatz im laufenden Jahr um rund drei Prozent auf gut 3,3 Milliarden Euro zulegen. Bislang hatte sich der Konkurrent der Deutschen Telekom , Vodafone und Telefonica Deutschland (O2) noch etwas optimistischer gezeigt. 2023 hatte 1&1 rund 3,2 Milliarden Euro erlöst.

Entsprechend dürfte das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 2023 erzielten 653,8 Millionen Euro auf 700 Millionen steigen. Bislang hatte sich das Unternehmen rund 20 Millionen mehr erhofft. Zugleich rechnet 1&1 mit einem deutlich höheren Investitionsvolumen, weil bestimmte Netzkomponenten bevorratet werden sollen. Das sogenannte Cash-Capex soll entsprechend auf 460 Millionen Euro steigen, bislang waren 80 Millionen weniger eingeplant. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht die neue Summe einem Plus von rund 56 Prozent.

Vor wenigen Tagen hatte Bernstein-Analyst Ulrich Rathe keinen Anlass gesehen, seine eigenen Erwartungen und das Kursziel infolge des Netzausfalls anzufassen. Allerdings beschäftigt den Branchenkenner, welchen Einfluss der Vorfall auf die operative Entwicklung haben werde. Am Montag ergänzte er dann, dass nun die Frage im Raum steht, inwieweit der Netzausfall für die gesenkten Jahresziele verantwortlich ist - oder ob sie möglicherweise neue Probleme widerspiegeln.

Mit dem Netzausfall hatte 1&1 den Unmut der Kunden auf sich gezogen. "In Folge des Netzausfalls kam es zu erhöhten Kündigungsaussprachen, die vor allem im Juni und Juli wirksam wurden", erläuterte das Unternehmen am Freitagabend. Auf Jahressicht dürften dann auch das Kundenwachstum niedriger ausfallen als erhofft.

Bereits im ersten Halbjahr geriet das Wachstum ins Wanken. Beim Service-Umsatz legte 1&1 um 3,8 Prozent auf rund 1,64 Milliarden Euro zu. Dabei hatte das Unternehmen noch zu Beginn des Jahres ein Wachstum von 4,2 Prozent vorgewiesen. Zugleich war der Erlös mit Hardware, an dem Telko-Unternehmen kaum etwas verdienen, weiter rückläufig. Wegen nachträglicher Rechnungen für Zusatzleistungen beim Netzaufbau in den vergangenen beiden Jahren sackte der operative Gewinn (Ebitda) um 7,2 Prozent auf knapp 327 Millionen Euro ab.

Auf Konzernebene kletterte der Umsatz im ersten Halbjahr um 2,8 Prozent auf knapp 3,1 Milliarden Euro. Vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen blieben 662,3 Millionen bei United Internet hängen und damit etwas weniger als noch ein Jahr zuvor. Grund sind fast dreimal so hohe Kosten für den Ausbau des 1&1 Mobilfunknetzes.

Bernstein-Analyst Ulrich Rathe zeigte sich in seiner Reaktion am Montag zutiefst enttäuscht von der Entwicklung des operativen Gewinns - dieser sei im zweiten Quartal deutlich hinter den Erwartungen geblieben. Zudem kreidet er die überraschend hohen Kosten an.

Auf Jahressicht wird auch der Mutterkonzern United Internet vorsichtiger. Der Umsatz werde nun voraussichtlich bei 6,4 Milliarden Euro liegen anstatt wie zuvor angepeilt 100 Millionen Euro höher. Zwar wäre das immer noch eine Steigerung zu den gut 6,2 Milliarden im Vorjahr. Analysten rechneten bisher aber damit, dass United Internet das alte Ziel schafft.

Das operative Ergebnis (Ebitda) dürfte auf 1,38 Milliarden Euro steigen anstelle der bislang erhofften 1,42 Milliarden. Im Vorjahr hatte United Internet 1,3 Millionen ausgewiesen./ngu/lew/jha/