MÜNCHEN (dpa-AFX) - Der Bausoftwareanbieter Nemetschek will sein internationales Geschäft mit dem Kauf des US-Softwareunternehmens GoCanvas ausbauen. Der Anbieter von Bausoftware für Facharbeiter mit einem zuletzt jährlich wiederkehrenden Umsatz (ARR) von 67 Millionen US-Dollar soll ab Sommer 2024 zum Konzern gehören, teilte das im MDax notierte Unternehmen am Donnerstag in München mit. Der Kaufpreis liege beim 11,5-fachen des wiederkehrenden Umsatzes aus dem Vorjahr - was rund 770 Millionen Dollar (708 Mio Euro) entspricht. Die Nemetschek-Aktie zog an.

Das Papier gewann nach Handelsstart in einem freundlichen Technologieumfeld mehr als sieben Prozent auf gut 98 Euro, es markierte damit auch den höchsten Stand über zwei Jahren. Der Anteilsschein baute zudem sein bisheriges Kursplus im laufenden Jahr auf ein Viertel aus. Analyst Knut Woller von der Baader Bank lobte das Wachstumsprofil von GoCanvas. Allerdings sehe der Kaufpreis vergleichsweise hoch aus. Schließlich relativiere die geringe Größe von GoCanvas das erreichte und anvisierte Wachstum doch ein wenig.

Die Finanzierung der Transaktion werde mit Barmitteln und Kreditfazilitäten sichergestellt, hieß es vom Konzern. Nemetschek selbst kam 2023 auf einen jährlich wiederkehrenden Umsatz von knapp 719 Millionen Euro. Als wiederkehrenden Umsatz bezeichnen Softwareunternehmen denjenigen Erlös, der über Abonnements oder laufende Wartungsverträge kommt und nicht über Neuverträge abgeschlossen werden muss. Diese Umsätze sollen vor allem in konjunkturell schwierigen Lagen stabiler sein. Insbesondere am Bau ist die Lage angesichts der Wirtschaftsflaute und wegen der hohen Zinsen mau.

Mit dem Zukauf wird die Region Amerika noch wichtiger für Nemetschek. Dort hatte das Unternehmen zuletzt 38 Prozent des Umsatzes erzielt. Insgesamt erzielte Nemetschek 2023 einen Erlös von knapp 852 Millionen Euro.

GoCanvas verschaffe Nemetschek einen Wettbewerbsvorteil und eröffne gleichzeitig den Zugang zum schnell wachsenden Markt für Baustellenteams im Bauwesen sowie weiteren angrenzenden Branchen, sagte Nemetschek-Chef Yves Padrines laut Mitteilung. Das zugekaufte Unternehmen dürfte in den kommenden Jahren weiter Wachstumsraten von um die 20 Prozent erreichen, die Marge des Geschäfts soll zulegen.

GoCanvas bietet Software für die Zusammenarbeit von Facharbeitern auf der Baustelle an, mit der traditionell papierbasierte Prozesse digitalisiert und die Einhaltung von Vorschriften sichergestellt werden sollen. Mit der wichtigsten Konzernmarke Bluebeam hat Nemetschek in diesem Bereich bereits ein starkes Standbein vor allem im US-Markt. Die bereits bestehenden GoCanvas-Kunden sollen Nemetschek zusätzliche Umsatzchancen bringen, und GoCanvas wiederum soll vom Marktzugang Nemetscheks in Europa und dem asiatisch-pazifischen Raum profitieren./men/lew/jha/