BERLIN (dpa-AFX) - Das Bundeswirtschaftsministerium treibt Pläne zur staatlichen Förderung neuer Gaskraftwerke und zur Modernisierung bestehender Anlagen voran. Die Kraftwerke sollen künftig einspringen, wenn der Strombedarf durch erneuerbare Energien nicht zu decken ist. Außerdem soll die Umstellung auf klimafreundlicheren Wasserstoff gefördert werden.

Stromsystem soll auf mehr Erneuerbare ausgerichtet werden

"So machen wir das Stromsystem fit für hohe Anteile erneuerbarer Energien und sichern uns auch für Zeiten von wenig Wind und Sonne zusätzlich ab", sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Zu den Eckpunkten für das neue Kraftwerkssicherheitsgesetz können Fachleute, Verbände oder Unternehmen nun binnen sechs Wochen Stellung nehmen.

So sollen zunächst Kraftwerkskapazitäten im Umfang von 12,5 Gigawatt (GW) zur Förderung ausgeschrieben werden sowie 500 Megawatt (MW) an Langzeitspeichern. Die Gaskraftwerke sollen für eine spätere Umstellung auf klimafreundlicheren Wasserstoff ausgestattet sein, zum Teil sollen auch reine Wasserstoffkraftwerke gefördert werden.

Nach den Worten von FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler wird mit der Kraftwerksstrategie die Grundlage geschaffen, "um auch in Zukunft jedes Unternehmen und jeden Haushalt in Deutschland jederzeit und bei jedem Wetter mit günstiger Energie zu versorgen".

Was gefördert werden soll

Im Detail ist geplant, dass 5 GW an neuen wasserstofffähigen Gaskraftwerken gefördert werden und 2 GW an wasserstofffähigen Modernisierungen. Spätestens ab dem achten Jahr nach Inbetriebnahme oder Modernisierung sollen diese mit "grünem" oder "blauem" Wasserstoff betrieben werden. "Grüner" Wasserstoff wird mit Hilfe erneuerbarer Energien erzeugt, bei der Produktion "blauen" Wasserstoffs wird klimaschädliches CO2 eingefangen und unterirdisch gelagert.

Hinzu kommen 500 MW an reinen Wasserstoffkraftwerken, die sofort mit Wasserstoff laufen und 500 MW an Langzeitspeichern. Ferner geht es um eine Fördersäule für weitere 5 GW an neuen Gaskraftwerken - das Ministerium geht davon aus, dass auch diese wasserstofffähig gebaut werden.

Gedacht ist das Ganze auch als Vorgriff auf den für 2028 geplanten sogenannten Kapazitätsmechanismus. Der soll künftig die Stromversorgung während Dunkelflauten absichern. Das sind Zeiträume, in denen die Sonne nicht scheint und wenig Wind weht - und damit auch kaum Energie aus diesen Quellen erzeugt wird. Kraftwerksbetreiber würden dann dafür honoriert, dass sie Kapazitäten für den Bedarfsfall bereithalten - selbst, wenn diese nur selten abgerufen werden.

Wo vor allem neue Kraftwerke entstehen sollen

Neue Kraftwerke sollen vorrangig im "netztechnischen Süden" gefördert werden. Damit meint das Ministerium die Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und das Saarland, die weiter entfernt sind von den großen Windparks Norddeutschlands. Das soll die Stabilität im Stromnetz erhöhen und Kosten senken, die entstehen, wenn Kraftwerke ihre Leistung anpassen müssen, um Engpässe im Stromnetz zu vermeiden (Redispatch).

Der Sprecher der Geschäftsführung des ostdeutschen Übertragungsnetzbetreibers 50Hertz, Stefan Kapferer, mahnte: "Entscheidend ist, dass die Kraftwerke dort entstehen, wo sie das Stromnetz unterstützen, also auch in Ostdeutschland. Allerdings ist jetzt schon klar: Die Mengen, die jetzt ausgeschrieben werden sollen, werden nicht reichen."

Der energiepolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Michael Kruse, verlangte Tempo beim geplanten Kapazitätsmarkt. "Anderenfalls laufen die Strompreise in Deutschland endgültig aus dem Ruder." Hier macht auch der Verband der Chemischen Industrie (VCI) Druck. "Es ist offen, wie das Bereitstellen von Kraftwerksleistung vergütet werden soll - unabhängig davon, ob sie am Ende gebraucht wird." Solange nicht ausreichend neue Kraftwerke verfügbar seien, dürfe auch keine weitere gesicherte Leistung - etwa aus Kohlekraftwerken - mehr abgeschaltet werden./hrz/DP/jha