PARIS (dpa-AFX) - Die Regierung von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will den Haushalt für das kommende Jahr ohne Abstimmung im Parlament durchdrücken. Weil sich für den Etat keine Mehrheit abzeichne, kündigte Premierministerin Élisabeth Borne am Mittwochabend den Rückgriff auf einen Sonderartikel der Verfassung an. Damit gilt der Haushalt als angenommen, sollte es kein erfolgreiches Misstrauensvotum gegen die Regierung geben.

Seit den Parlamentswahlen im Sommer hat Macrons liberale Regierung im Parlament keine absolute Mehrheit mehr. Mit ihrem Widerstand gegen den Haushalt betreibt die Opposition einerseits ein Kräftemessen, um dem Präsidenten seine eingeschränkte Macht spüren zu lassen. Die Kritik ist aber auch inhaltlich. Das neue Linksbündnis spricht von einem Sparhaushalt und will mehr Sozialausgaben und Investitionen in den Klimaschutz. Die konservativen Républicains kritisieren überbordende Ausgaben, die die Verschuldung Frankreichs weiter in die Höhe treiben. Das rechte Rassemblement National meint, Macron lasse sich von den EU-Haushaltsregeln einschränken.

Noch am Mittwochabend kündigten die Linkspartei und das Rassemblement National jeweils ein Misstrauensvotum an. Dass eine solche Abstimmung Erfolg haben wird, gilt allerdings als unwahrscheinlich. Denn Neuwahlen dürften gerade für die Républicains die Gefahr bergen, noch mehr Sitze zu verlieren, so dass nicht mit ihrer Zustimmung zu rechnen ist. Ein Misstrauensvotum nach der Anwendung des Sonderartikels der Verfassung war in der Vergangenheit zudem noch nie erfolgreich.

Dass die Regierung in der Debatte zu dem drastischen Schritt greift, zeigt, in welch schwieriger Lage sie seit dem Verlust der absoluten Mehrheit steckt. Regelmäßige Gespräche zwischen der Premierministerin und Oppositionsvertretern, die den Weg für Kompromisse ebnen sollten, blieben ergebnislos.

Ein nächstes Kräftemessen ist in Frankreich um die von Macron angestrebte Rentenreform zu erwarten. Die Franzosen sollen nach seinem Plan länger arbeiten, das Renteneintrittsalter soll von 62 auf 64 oder 65 Jahre steigen. Spätestens ab dem kommenden Sommer soll die Reform greifen - ob das Vorhaben eine Mehrheit im Parlament bekommt oder die Regierung erneut zum Machtmittel greift, ist offen./rbo/DP/he