KÖLN (dpa-AFX) - Der Spezialchemiekonzern Lanxess stemmt sich mit einem Sparprogramm gegen die aktuelle Flaute der Chemiebranche. Dabei stehen Betriebe in Deutschland - und womöglich auch anderswo - auf der Streichliste; zudem soll die Verwaltung verschlankt werden, wie das Unternehmen am Freitag bei der Vorlage der Zahlen für das zweite Quartal mitteilte. Wie viele Vertreter energieintensiver Branchen kritisiert Lanxess-Chef Matthias Zachert schon lange die im internationalen Vergleich hohen Strompreise in Deutschland.

Für die in den vergangenen Monaten arg gebeutelten Aktien zeichneten sich am Morgen moderate Kursgewinne ab. Mit einem Minus von fast 23 Prozent sind sie 2023 das Schlusslicht im MDax , dem Index der mittelgroßen börsennotierten Konzerne. Der MDax bringt es hingegen auf ein Plus von elf Prozent und der europäische Chemiewerteindex Stoxx Europe 600 Chemicals auf plus fünf Prozent.

Durch einen europaweiten Einstellungsstopp, Kostenbewusstsein und geringere Investitionen sollen zunächst 2023 einmalig rund 100 Millionen Euro gespart werden. Hinzukommen sollen schrittweise tiefergreifende Maßnahmen wie eine schlanker aufgestellte Verwaltung und Betriebsschließungen, mit denen die jährlichen Kosten ab 2025 dauerhaft um rund 150 Millionen sinken sollen.

Dabei kalkuliert Zachert für 2024 mit Einsparungen von rund 90 Millionen Euro sowie mit zusätzlichen rund 60 Millionen im folgenden Jahr. Im Zusammenhang mit der Umsetzung sind einmalige Kosten von rund 100 Millionen Euro geplant.

Zunächst steht der Standort Krefeld-Uerdingen im Fokus. Die dortige Hexan-Oxidation sei sehr energieintensiv und solle bis 2026 stillgelegt werden, hieß es weiter. Zudem soll der Betrieb für die Chromoxid-Produktion an diesem Standort verkauft werden. Sollte das nicht gelingen, drohe auch hier eine Schließung. Laut einem Unternehmenssprecher sind in beiden Bereichen in Summe etwa 110 Mitarbeiter tätig.

"In der aktuellen konjunkturellen Schwächephase ist der Standort Deutschland international nicht wettbewerbsfähig", sagte Zachert laut Mitteilung und forderte erneut neben Bürokratieabbau einen Industriestrompreis.

Lanxess bekommt derzeit - wie die gesamte Branche - die in vielen Regionen der Welt träge Konjunktur zu spüren. Vor allem eine schwache Nachfrage aus der Bau- und Elektronikindustrie hinterließ zuletzt tiefe Spuren. Bereits im Juni hatte das Management daher den Jahresausblick gesenkt.

Seither steht für 2023 ein um Sondereffekte bereinigtes Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 600 bis 650 Millionen Euro im Plan, statt zuvor avisierter 850 bis 950 Millionen. Damit würde der operative Gewinn 2023 im schlimmsten Fall um gut ein Drittel einknicken.

Bei einem Umsatzrückgang um elf Prozent auf 1,78 Milliarden Euro brach das operative Ergebnis im abgelaufenen zweiten Quartal um mehr als die Hälfte auf 107 Millionen Euro ein. Es lag damit etwas über den im Juni avisierten rund 100 Millionen Euro. Nach sechs Monaten ist in Summe knapp die Hälfte des unteren Endes des Jahresziels erreicht.

Unter dem Strich verdiente Lanxess im zweiten Quartal zwar fast 1,4 Milliarden Euro, nach 93 Millionen vor einem Jahr - das geht allerdings auf das Geld zurück, das vom Finanzinvestor Advent im Zusammenhang mit der Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens floss. In dieses brachte Lanxess sein Geschäft mit Hochleistungskunststoffen ein und erhielt im Gegenzug eine Zahlung von rund 1,3 Milliarden Euro.

Das Unternehmen mit dem Namen Envalior führt das Geschäft mit Hochleistungskunststoffen für die Auto- und Elektroindustrie von Lanxess mit dem Kunststoffgeschäft Engineering Materials des niederländischen Konzerns Royal DSM zusammen. Die Kölner wollen so die Abhängigkeit von Konjunkturschwankungen senken, da das Geschäftsvolumen mit der Autoindustrie reduziert wird. Gemäß der ursprünglichen Planung kann Lanxess seinen Anteil von rund 40 Prozent frühestens nach drei Jahren an Advent weiterreichen.

Im fortgeführten Geschäft stand im zweiten Quartal derweil am Ende ein Verlust von 145 Millionen Euro, nach 48 Millionen Euro Gewinn vor einem Jahr.

Ebenfalls am Freitag gab Lanxess einen Wechsel an der Spitze des Finanzressorts bekannt. Der langjährige Finanzchef Michael Pontzen verlässt den Chemiekonzern Ende August und wechselt in gleicher Funktion zu einem Unternehmen außerhalb Deutschlands. Nachfolger wird Oliver Stratmann mit Wirkung zum 1. September. Stratmann arbeitet den Angaben zufolge seit 2004 bei den Kölnern und hatte verschiedene Führungspositionen in der Finanzorganisation inne. Seit 2015 leitet er die Abteilung Treasury & Investor Relations./mis/men/nas